Arbeitsmarkt:Zugriff auf deutsche Sozialkassen? So einfach geht es nicht

Lesezeit: 2 min

Berlin (dpa) - Seit dem 1. Januar haben auch Rumänen und Bulgaren freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt - wie bisher schon die meisten anderen EU-Bürger auch.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa) - Seit dem 1. Januar haben auch Rumänen und Bulgaren freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt - wie bisher schon die meisten anderen EU-Bürger auch.

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt als eine der wesentlichen Errungenschaften der Europäischen Union. Die CSU hat mit ihren Forderungen nach schärferen Zugangsregeln zum deutschen Sozialsystem eine hitzige Debatte über Armutszuwanderung und Sozialtourismus ausgelöst. Doch so einfach kann ein Migrant in Deutschland weder Arbeitslosengeld noch Hartz-IV-Unterstützung beantragen.

Was ändert sich mit dem 1. Januar?

Mit Beginn des neuen Jahres können sich auch Rumänen und Bulgaren in Deutschland frei um eine Arbeitsstelle bemühen. Bisher brauchten sie dazu eine Ausnahmegenehmigung. In den ersten drei Monaten gibt es für die Arbeitssuche nach EU-Recht keine Vorbedingungen mehr - allerdings auch keine Verpflichtung des deutschen Staates, sie dabei materiell zu unterstützen. Waren sie zuvor in ihrem Heimatland als arbeitslos gemeldet, können sie von diesem mindestens drei weitere Monate Arbeitslosenunterstützung erhalten.

Wer hat nach EU-Recht Anspruch auf deutsche Sozialleistungen?

„Es gibt ein Recht auf Freizügigkeit, aber kein Recht auf Einwanderung in die nationalen Sozialsysteme“, stellt das deutsche Büro der EU-Kommission unter Berufung auf das EU-Recht zur aktuellen Debatte klar. Und weiter: „Freizügigkeit heißt nicht, frei Sozialleistungen zu beziehen. Laut EU-Recht haben nur arbeitende EU-Bürger Recht auf Sozialleistungen.“

Wann hat ein Zuwanderer Anspruch auf deutsche Hilfe?

Wer in Deutschland eine bestimmte Zeit gearbeitet und auch in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, bekommt im Fall von Arbeitslosigkeit auch Unterstützung, zunächst Arbeitslosengeld, später auch Hartz-IV-Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Aber auch hier sieht das EU-Recht Schutzbestimmungen für den Aufenthalt in den ersten fünf Jahren vor. „Gelangen die Behörden auf der Grundlage einer Einzelfallbeurteilung zu dem Schluss, dass die betreffenden Personen aufgrund des Antrags auf Sozialhilfe zu einer unverhältnismäßigen Belastung geworden sind, können sie für diese das Recht auf Aufenthalt aufheben“, schreibt das EU-Büro dazu.

Was ist, wenn deutsche Gerichte Ausländern Hartz IV zuerkennen?

Urteile, die EU-Ausländern ohne Aufenthaltsrecht innerhalb der ersten fünf Jahre Ansprüche auf Hartz IV zuerkennen, basieren laut EU-Kommission allein auf deutschem Recht. Die Behörden könnten die Freizügigkeit einschränken, den Betroffenen auch ausweisen und bei Missbrauch Wiedereinreisesperren erlassen. Mehrere Experten verweisen darauf, dass es hier in den Kommunen häufig auch ein konkretes Anwendungsproblem des EU-Rechtes gibt.

Kann auf unbegrenzte Zeit Sozialhilfe verweigert werden?

Nein. Nach der Fünf-Jahres-Frist können EU-Bürger genauso wie deutsche Bürger Sozialhilfe beantragen. Nach EU-Recht sind dann keine Ausnahmeregelungen mehr zulässig.

Wie verhält es sich mit dem Kindergeld?

Kindergeld kann nach Aussage des Bundesfamilienministeriums aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen nicht allein deswegen verweigert werden, weil die Kinder nicht bei ihren Eltern in Deutschland, sondern in ihrem Heimatland leben. Dies habe ein Prüfauftrag der Arbeits- und Sozialminister der Länder ergeben.

Allerdings können nach dem Gesetz hier lebende Ausländer nur dann Kindergeld erhalten, wenn sie eine gültige Niederlassungserlaubnis besitzen. Voraussetzung dafür sind in der Regel entweder eine Arbeitsstelle innerhalb der ersten fünf Aufenthaltsjahre oder genügend eigene finanzielle Mittel zum Lebensunterhalt. Schwierig ist die Überprüfung bei selbstständiger Arbeit. Auskunft erteilen die Kindergeldkassen der Arbeitsämter.

Wie erklären sich die Klagen etwa aus Duisburg und Dortmund?

Einige Ruhrgebietsstädte, aber auch Berlin klagen über erhebliche Armutszuwanderung aus Osteuropa. Häufig handelt es sich dabei um Roma, die sich in ihren Herkunftsregionen an den Rand der Gesellschaft gedrückt sehen. Sie haben in der Regel offiziell keine Sozialleistungen beantragt, geben Selbstständigkeit vor oder pendeln häufiger zwischen ihrem Heimatland und Deutschland, wechseln dabei auch öfter den Wohnsitz innerhalb Deutschlands. Ihre Ausweispapiere sind oft nur schwer nachprüfbar. Gleichwohl müssen sie häufig konkret unterstützt werden. Klagen über Kleinkriminalität häufen sich. Vor allem die Kinder bereiten den Sozialämtern Probleme - besonders dann, wenn sie krank werden und keinen Versicherungsschutz haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: