Zahnimplantate:Täuschend echte Einsätze

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Implantate werden nicht nur, wie in diesem Modell, als Einzelzähne gesetzt, sondern können auch Brücken oder Prothesen tragen.

(Foto: Oliver Killig/picture alliance/dpa)

Ein Zahnimplantat bringt Linderung und lässt das Gebiss besser aussehen. Längst ist der Eingriff wissenschaftlich anerkannt. Doch ob der künstliche Zahn hält, hängt vom Patienten ab.

Von Clara Lipkowski

Manchmal zeigen sich die Folgen von Stress auf brutale Weise. Ein viel beschäftigter Münchner Anwalt knirschte im Schlaf so heftig mit den Zähnen, dass seine Brücke brach, die zwei verloren gegangene Zähne ersetzte. Doch Daniel Edelhoff konnte helfen: Der Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München setzte dem Patienten gemeinsam mit Kollegen der Kieferchirurgie Zahnimplantate ein.

An der Stelle der Brücke sitzen nun zwei künstliche Zähne, gehalten von künstlichen Zahnwurzeln, die in den Kiefer geschraubt wurden. Die Implantate sehen nicht nur täuschend echt aus, sie funktionieren auch nahezu genauso gut wie die natürlichen Zähne. Und: "Mit der genauen Positionierung der Implantate konnten wir die Kräfte des Knirschens besser verteilen - und so die umliegenden Zähne vor Überlastung schützen", berichtete Edelhoff vor kurzem beim Gesundheitsforum der Süddeutschen Zeitung, wo er als einer von sechs Experten über Chancen und Risiken von Zahnimplantaten informierte. "Zahnimplantate - Meistens Hilfe, manchmal eine Qual", lautete der Titel des Abends.

In den meisten Fällen könnten Implantate Patienten in der Tat gut helfen, betonte Reinhard Hickel, Dekan der medizinischen Fakultät der LMU. Wer seine natürlichen Zähne verloren habe, könne dank des implantierten Zahnersatzes wieder ohne Einschränkungen oder Schmerzen kauen, sprechen und lachen. "Am häufigsten führen kariöse Zerstörung des Zahnes und Zahnfleischentzündungen mit Knochenabbau im Kiefer zu Zahnverlust, dann kommen Implantate ins Spiel", erklärte Hickel. Aber auch bei störenden Zahnlücken, nach Unfällen oder Tumorentfernungen mit Zahnverlust implantieren Chirurgen Ersatzzähne - vom einzelnen Zahn bis zu ganzen Zahnreihen und Gebissen.

Ganz unkompliziert sind die künstlichen Zähne allerdings nicht. "Ein Implantat ist und bleibt ein Fremdkörper", sagte Michael Ehrenfeld, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der LMU. Noch dazu werde die Schleimhaut im Mund dauerhaft von dem Fremdkörper durchbrochen. Das heißt: Potentielle Krankheitserreger und Keime, die es in der Mundhöhle immer gibt, haben hier eine mögliche Eintrittspforte.

Mit Implantaten wird in der Zahnmedizin seit Jahrzehnten gearbeitet. Die Erfolgsquote ist inzwischen hoch: Zu rund 97 Prozent halten die Implantate fünf Jahre und länger, in vielen Fällen bis zu zehn Jahre. Und sollte ein Implantat mit der Zeit im Kiefer verrutschen, können Chirurgen dies oft korrigieren.

Wissenschaftlich anerkannt sind Zahnimplantate als Behandlungsmethode in Deutschland seit den 1980er Jahren. Damals wurden sie vor allem für die Verankerung von Prothesen verwendet. Heute simulieren Chirurgen die Implantatsetzung mit 3D-Programmen am Computer, allerdings ist die Technik vergleichsweise teuer und noch nicht überall verfügbar. Doch auch in 2D und mit klassischen Gebissabdrücken könne man den Eingriff zumindest in unkomplizierten Fällen präzise vorbereiten, sagte Gerson Mast, Leitender Oberarzt der LMU-Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Die Experten

Prof. Dr. Daniel Edelhoff, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München Prof. Dr. Dr. Michael Ehrenfeld, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der LMU Prof. Dr. Dr. Matthias Folwaczny, Leiter der Sektion Parodontologie der LMU PD Dr. Dr. Gerson Mast, Leitender Oberarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der LMU Prof. Dr. Dr. Torsten Reichert, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Regensburg

Moderation: Prof. Dr. Reinhard Hickel, Dekan der medizinischen Fakultät der LMU und Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie

Der Aufwand des Eingriffs hängt auch davon ab, wie viel Knochen an der Stelle des ursprünglichen Zahns vorhanden ist. Fehlt Knochen, kann er neu aufgebaut werden. "Fehlt nur wenig, können der Knochenaufbau und das Einsetzen des Implantates in einem Schritt erfolgen", sagte Mast. Muss aber ein größeres Volumen aufgebaut werden, muss der Knochen zunächst heilen, das Implantat kann in der Regel frühestens nach drei Monaten eingesetzt werden.

Zum Aufbau wird entweder eigener Knochen aus Kiefer oder Beckenkamm genommen oder, bei wenig Bedarf, künstliches Knochenersatzmaterial. Gezüchteter Knochen aus dem Labor sei noch keine Alternative, da bisher nur Kleinstmengen hergestellt werden könnten, sagte Mast, "derzeit gilt Eigenknochen noch immer als Goldstandard."

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