Schwangerschaft:Geheimnisvolles Gähnen im Mutterleib

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Werdende Eltern entzückt es, wenn sie diese Regung ihres Ungeborenen auf dem Ultraschall-Monitor sehen: "Schau, es gähnt!". Doch tut es dies wirklich?

Sebastian Herrmann

Dieses Ungeborene ins etwa 27 Wochen alt und öffnet gerade seinen Mund. Was bedeutet das? (Foto: Reissland N, PLoS ONE)

Wenn ein ungeborenes Kind seinen Mund öffnet, gähnt es dann? Oder öffnet es halt einfach nur den Mund? Diese Frage klingt banal, ist aber unter Forschern umstritten. Nun legen Wissenschaftler um die Entwicklungspsychologin Nadja Reissland von der britischen University of Durham Bilder und Videoaufnahmen von Föten vor, die sie mit Ultraschallgeräten aufgenommen haben, und sagen: Ungeborene Kinder können tatsächlich gähnen (Plos One, Bd. 7, S. e50569, 2012). Sie gähnen aber nicht immer, wenn sie den Mund aufmachen.

Also, der Reihe nach: Das Team um Reissland beobachtete die Mundbewegungen von 15 Föten - acht Mädchen und sieben Jungen - zu vier verschiedenen Zeitpunkten je 20 Minuten lang und zwar nach 24, 28, 32 und 36 Wochen im Mutterleib. Dabei konzentrierten sie sich auf die Zeitspanne, binnen der die kleinen Münder aufgingen. Dauerte es bis zum maximalen Öffnen länger als das anschließende Schließen des Mundes, wertete Reissland der Vorgang als Gähnen. Andere Mund-auf-und-zu-Choreografien galten nicht als Gähnen. Insgesamt beobachteten die Wissenschaftler in ihren 58 Videomitschnitten 56 Gähner und 27 simple Mund-auf-und-zu-Bewegungen. Mit steigendem Alter gähnten die Föten seltener: Im Alter von 36 Wochen, also kurz vor der Geburt, verzeichneten die Wissenschaftler bei den Föten keine Mundbewegungen mehr.

Warum die ungeborenen Kinder aber gähnen, sei nach wie vor ein Rätsel, berichtet das Team um Reissland. "Anders als wir, gähnen Föten nicht, weil sie von jemandem angesteckt wurden oder weil sie müde sind", sagt die Entwicklungspsychologin. Die Häufigkeit des Vorgangs könnte aber mit der Ausbildung des Gehirns verknüpft sein - und künftig womöglich als ein Indiz für die gesunde Entwicklung eines Kindes taugen.

Ach ja, Schluckauf kriegen Föten auch gelegentlich. Aber das ist - zumindest höchstwahrscheinlich - nicht mit einer wissenschaftlichen Kontroverse verknüpft. Denn wenn ungeborene Babys hicksen, ist das außerhalb des Bauchs deutlich erkennbar.

Mehr über die Entwicklung des Kindes im Mutterleib erfahren Sie in diesem interaktiven Schwangerschaftskalender und im Spezial Schwangerschaft.

© SZ vom 22.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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