Reproduktionsmedizin:Baby mit drei biologischen Eltern geboren

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Zellkern der Mutter, Eizelle einer Spenderin, Spermium des Vaters - bei einer neuartigen Methode zur künstlichen Befruchtung wird eine befruchtete Eizelle aus dem Erbgut von drei Personen erzeugt. (Foto: imago/Science Photo Library)

Zwei Mütter, ein Vater: Laut einem Fachbericht ist ein Baby mit drei biologischen Eltern zur Welt gekommen. Das medizinische Verfahren ist bislang umstritten - es könnte Müttern mit unerfülltem Kinderwunsch helfen.

Im April dieses Jahres soll ein Kind mit drei biologischen Eltern zur Welt gekommen sein. Das geht aus einem Vorbericht zur Konferenz der Amerikanischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin "ASRM 2016" hervor, die Mitte Oktober in Salt Lake City beginnt.

Die Mutter des kleinen Jungen trug demnach in ihrem Erbgut Gene des Leigh-Syndroms, einer tödlichen Störung des zentralen Nervensystems. Sie selbst war gesund, aber zwei ihrer Kinder starben an der Krankheit, überdies hatte sie vier Fehlgeburten. Sie und ihr Mann wandten sich schließlich an den Arzt John Zhang vom New Hope Fertility Center in New York. Aus rechtlichen Gründen behandelte er das aus Jordanien stammende Paar schließlich in Mexiko. In den USA selbst ist die Methode verboten.

Zwei Mütter, ein Vater: So funktioniert die Methode der künstlichen Befruchtung (Foto: Quelle: HFEA/SZ-Grafik: Eiden)

Die Mediziner übertrugen laut dem Fachbericht den Zellkern der Eizelle der Mutter in eine gespendete Eizelle einer gesunden Frau. Erst danach sei die Eizelle mit Spermien des Vaters im Labor befruchtet worden. Auf diese Weise schufen die Ärzte einen gesunden Embryo, den sie in die Gebärmutter der Frau übertrugen.

Sollte sich dieser nur wenige Zeilen lange Vorbericht bestätigen, wäre es weltweit der erste bekannte erfolgreiche Eingriff dieser Art. Die Technik könnte Frauen zu einem gesunden Kind verhelfen, die Funktionsstörungen in ihren Mitochondrien haben. Das sind biologische Mikromaschinen in den Zellen, die chemische Energie für das Leben herstellen. Bei dem nun eingesetzten Verfahren werden die kranken Mitochondrien einer Frau mit unerfülltem Kinderwunsch durch gesunde ersetzt.

Weil auch die Mitochondrien einige Erbanlagen tragen, entsteht ein Embryo, der nicht nur Erbanlagen der Mutter und des Vaters trägt, sondern auch einige Gene der Eizellspenderin. Deshalb haben so gezeugte Kinder streng genommen drei biologische Eltern.

Kontroverse Diskussion um den Eingriff

Das Baby ist nach Angaben von Zhang bislang gesund - weniger als ein Prozent der Mitochondrien wiesen demnach die Gen-Mutation auf. Er hoffe, dieser Prozentsatz sei "zu niedrig, um für Probleme zu sorgen", erklärte der Arzt. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich das Syndrom erst dann manifestiert, wenn mindestens 18 Prozent der Mitochondrien die Mutationen aufweisen. Ihre genaue Methode wollen Zhang und sein Team im Oktober in Salt Lake City vorstellen.

Erste Reaktionen aus der Fachwelt fielen zumeist verhalten aus. "Ethisch wird die Beteiligung von drei Elternteilen - zweier Mütter und eines Vaters - kontrovers diskutiert", sagte die Reproduktionsmedizinerin Christine Wrenzycki von der Uni Gießen. Das im April geborene Kind ist nicht der erste Mensch mit drei biologischen Eltern. In einer Klinik im US-Bundesstaat New Jersey kamen um die Jahrtausendwende 17 Kinder zur Welt, die Mitochondrien einer Spenderin in ihren Zellen tragen. Andere Kliniken kopierten das Verfahren. Allerdings nutzten die Mediziner eine andere Technik als Zhang: Bei dem sogenannten Zytoplasmatransfer wird Zellflüssigkeit einer Spenderin übertragen, die Mitochondrien-DNA enthält. Die Technik ist nach Sicherheitsbedenken 2002 in den USA verboten worden, in Deutschland war sie nie erlaubt.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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