Im Streit um gelöschte Bewertungen im Internetportal Jameda hat das Münchner Landgericht I die Klage eines Zahnarztes abgewiesen. Der Mediziner aus Kiel hatte Jameda verklagt, weil das Portal Anfang 2018 zehn für ihn positive Bewertungen plötzlich gelöscht hatte. Über den Grund dafür gingen die Meinungen der Streitparteien auseinander: Jameda, das seinen Sitz in München hat, betonte, dass die Löschung der Bewertungen erfolgte, weil sich deren Echtheit nicht zweifelsfrei überprüfen ließ, das heißt sie konnten nicht auf tatsächliche Patientenbesuche in der Praxis zurückgeführt werden.
Für den Zahnarzt war die Löschung laut Aussagen seines Anwalts hingegen eine Reaktion darauf, dass er seine kostenpflichtige Mitgliedschaft nur wenige Tage zuvor gekündigt hatte. Er verlangte von Jameda deshalb, die für ihn schmeichelhaften Bewertungen wieder online zu stellen und so für potenzielle Patienten sichtbar zu machen.

Drei Ärzte über ihre Erfahrungen:"Irgendein Patient ist immer unzufrieden - Jameda lebt davon"
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Bewertungsportal Jameda das Profil einer Ärztin löschen muss. Viele Ärzte sehen die Seite kritisch, auch wenn sie dort gute Noten erhalten. Drei Mediziner erzählen.
Das Gericht erteilte der Forderung am gestrigen Dienstag eine Absage. "Der Arzt konnte nicht zur Überzeugung der Kammer nachweisen, dass, wie von ihm behauptet, die Löschungen als Reaktion auf seine Kündigung erfolgt seien", hieß es in der Urteilsbegründung. Auch die Voraussetzungen für eine Wiederveröffentlichung der gelöschten Bewertungen liege nicht vor.
Viele Bewertungen sind irreführend, da etliche geschönt oder gekauft sind
Bewertungsportale gibt es nicht nur für Ärzte, längst werden zahlreiche Dienstleistungen oder andere kommerzielle Angebote wie Restaurants, Hotels, Bücher oder Elektrogeräte mit Noten, Sternen oder genretypischen Symbolen bewertet. Die daraus ersichtlichen Beurteilungen sind jedoch manchmal grob irreführend, denn längst hat sich ein Nebenmarkt entwickelt, in dem positive Patientenbewertungen oder andere Brancheneinträge gekauft werden können. Zudem können gerade bei Berufsgruppen wie Ärzten verärgerte Patienten ihren Unmut auf den Bewertungsportalen kundtun, nicht etwa, weil der Arzt sie schlecht behandelt hat, sondern weil sie sich über lange Wartezeiten geärgert haben oder eine andere Diagnose oder zusätzliche Tests erwartet haben.
Wenn Ärzte kostenpflichtig Mitglied bei Jameda werden, können sie sich auf der Plattform positiv darstellen, ihre Leistungen ausführlich anpreisen und das Portal für Eigenwerbung nutzen. Sie sind auch leichter aufzufinden, indem ihre Adressen auf den Internetstadtplänen hervorgehoben sind, während nicht-zahlende Mediziner dort nicht erscheinen. Wer in einer Großstadt wie München einen Facharzt sucht, wird erstaunt sein, wie viele Doktoren die Liste mit Noten zwischen 1,0 und 1,2 anführen.
Da die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung, Denkzettel und Denunziation schwer zu ziehen ist, haben sich schon mehrmals Gerichte mit den Bewertungseinträgen beschäftigen müssen. Zumeist ging es um Unterlassungsklagen wegen übler Nachrede. Nach dem Arztbesuch negative Eindrücke subjektiv zu schildern, ist demnach zwar gestattet, so die gängige Rechtssprechung, unbewiesene Tatsachenbehauptungen ("Ich wurde falsch behandelt") sind es hingegen nicht.
Das Bewertungsportal Jameda gehört ebenso zum Burda-Verlag wie die Zeitschrift Focus, die mit fragwürdigen Ärzte-Rankings immer wieder originelle Tabellen aufstellt, die etwas über die Qualität der Doktoren aussagen sollen. Immerhin wurde damit eine zusätzliche Einkommensquelle erschlossen, denn die schicken Urkunden und angeblichen Qualitätssiegel sind für die Ärzte, die ihr Wartezimmer damit schmücken möchten, kostenpflichtig.