Hirndoping:Doping im Schach ist möglich

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Bestimmte Stimulanzien können die Spielstärke im Schach wohl erhöhen. (Foto: dpa/Gregor Fischer)
  • Psychiater haben in einem Experiment nachgewiesen, dass kognitive Leistungen im Schach durch Einnahme von Substanzen gesteigert werden können.
  • Die Forscher verabreichten Turnierschachspielern das Stimulans Modafinil, ein ADHS-Mittel oder Koffein.
  • Die Spielstärke steigerte sich im Durchschnitt. Schachexperten bezweifeln jedoch, ob Hirndoping bei Wettkämpfen tatsächlich Vorteile bringen würde.

Von Werner Bartens

Nirgends ist man vor Dopingbetrug sicher, nicht mal beim Schach. Eigentlich gilt das Brettspiel als zu komplex, zu zeitaufwendig und von zu vielen menschlichen Faktoren abhängig, als dass sich pharmakologisch die Leistung steigern ließe. Psychiater aus Mainz zeigen im Fachblatt European Neuropsychopharmacology (online) jedoch, dass sich die kognitiven Fähigkeiten der Denksportler wohl doch durch Einnahme von Substanzen verbessern lassen.

Die Forscher um Andreas Franke und Klaus Lieb hatten 39 Turnierschachspielern in zahlreichen Versuchsreihen entweder das Stimulans Modafinil, das ADHS-Mittel Methylphenidat oder Koffein im Vergleich mit Scheinmedikamenten gegeben. Die Analyse von 3000 Schnellschachpartien gegen den Computer ergab, dass die Spieler länger über den besten Zug nachdachten und sich ihre Spielstärke steigerte, wenn sie die Substanzen nahmen - zumindest wenn die Partie nicht unter massiver Zeitnot entschieden werden musste.

Schachspieler setzen auf Fitnessprogramme und ausgewogene Ernährung

"Die Ergebnisse zeigen erstmals, dass auch hochkomplexe kognitive Fähigkeiten durch Stimulanzien verbessert werden können", sagt Franke. "Offenbar sind Probanden dann eher in der Lage, Entscheidungsprozesse vertieft zu reflektieren." Bisher nahmen Forscher an, dass im Schach Doping nicht sinnvoll sei, weil das Zusammenspiel aus strategischem Denken, Kreativität, Geduld und Gedächtnis nicht auf einem einfachen physiologischen Mechanismus beruht. Wachsamkeit und Konzentration lassen sich mit stimulierenden Mitteln hingegen durchaus steigern, weshalb Profis wie Magnus Carlsen Fitnessprogramme absolvieren und auf ihre Ernährung achten, um mehrstündige Matches besser durchzustehen.

"Wir haben damit erste Hinweise, dass Doping im Schachsport möglich ist", sagt Klaus Lieb. Doch erst muss sich bestätigen, dass sich mittels "Hirndoping" die Leistungen im Schach verbessern lassen und nicht, wie bisher vermutet, das kreative Potenzial geschwächt wird. "Auf nationaler wie internationaler Ebene wird seit Jahren bei Wettkämpfen kontrolliert", sagt Uwe Bönsch, Geschäftsführer des Deutschen Schachbundes. "In Deutschland beispielsweise bei Meisterschaften der Männer, Frauen und der Jugend." Der Schachexperte zweifelt daran, dass Dopingversuche etwas bringen. "Man muss ja zum richtigen Zeitpunkt das richtige Erregungsniveau haben, sonst kann das auch negativ ausgehen."

© SZ vom 27.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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