Taunusstein:Psychiatrie-Patienten: Viele Klagen, wenig Ohren

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Taunusstein/Wetzlar (dpa/lhe) - Ein Bericht über die Zustände in psychiatrischen Kliniken hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der Landesverband Psychiatrie-Erfahrene Hessen hält die Beispiele des RTL-"Team Wallraff" nicht für Einzelfälle. "Es ist überall so. Da liegt viel im Argen", sagte Sylvia Kornmann, Vorstandsmitglied in Hessen der Deutschen Presse-Agentur. Der Verein mit Sitz in Taunusstein betreibt eine eigene Beschwerdestelle.

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Taunusstein/Wetzlar (dpa/lhe) - Ein Bericht über die Zustände in psychiatrischen Kliniken hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Der Landesverband Psychiatrie-Erfahrene Hessen hält die Beispiele des RTL-„Team Wallraff“ nicht für Einzelfälle. „Es ist überall so. Da liegt viel im Argen“, sagte Sylvia Kornmann, Vorstandsmitglied in Hessen der Deutschen Presse-Agentur. Der Verein mit Sitz in Taunusstein betreibt eine eigene Beschwerdestelle.

Fünf bis zehn Anrufe von Betroffenen oder ihren Angehörigen erreichen die 52-Jährige aus Wetzlar pro Woche. Die häufigsten Beschwerden beträfen Klinikaufenthalte. „Es gibt kaum Therapien in Akut-Stationen. Man wird da nur aufbewahrt“, so Kornmanns Erfahrung. Bisweilen würden Patienten auch fixiert, wie der TV-Bericht gezeigt hatte, „aber da sind sie vorsichtiger geworden, weil da jetzt mehr kontrolliert wird.“

Neben Beschwerden über Akutstationen gebe es weitere Klagen: dass psychisch Kranken der Führerschein weggenommen werde, obwohl sie sich nichts zuschulden kommen ließen; oder über Betreuer, die sich an den Kranken bereichern. Helfen kann Kornmann den Anrufern nur selten - sie leitet die Klagen weiter an das hessische Sozialministerium, die Städte und Kreise. Dort sollte es eigentlich eigene Beschwerdestellen geben, aber deren Aufbau geht nur schleppend voran, wie der Hessische Rundfunk (hr) kürzlich berichtete.

„Die Landkreise und kreisfreien Städte sollen unabhängige Beschwerdestellen einrichten“, heißt es im hessischen Gesetz über Hilfen bei psychischen Krankheiten. Die Stelle prüft Anregungen und Beschwerden von Betroffenen oder Angehörigen „und wirkt in Zusammenarbeit mit ihnen auf eine Problemlösung hin.“

Dass diese Beschwerdestellen erst zum Teil existieren, liegt Kornmann zufolge auch daran, dass sie allein mit Ehrenamtlichen besetzt werden sollen. „Die Tätigkeit (...) erfolgt unentgeltlich“, heißt es im Gesetz. „Der Staat muss umdenken und dafür bezahlen“, forderte Kornmann. Bei den bereits existierenden Beschwerdestellen sei zudem die Erreichbarkeit oft extrem eingeschränkt.

Der Landesverband Psychiatrie-Erfahrene Hessen hat rund 100 Mitglieder, die selbst in psychiatrischer Behandlung sind oder waren. Der Verein will Betroffenen Hilfestellung bieten und setzt sich politisch für ihre Belange ein.

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