München (dpa/tmn) - Auf der Haut sieht er auf den ersten Blick wie ein Pickel aus. Nur eben, dass die betreffende Stelle angeschwollen und gerötet ist. Noch dazu pocht sie und ist druckempfindlich - ein Abszess, eine Eiteransammlung im Gewebe. Im schlimmsten Fall ist das lebensgefährlich.
Die Größe kann von einem Durchmesser von wenigen Millimetern bis hin zur Größe eines Apfels reichen. Abszesse treten aber nicht nur auf der Haut auf. „Überall im Körper können sie sich bilden“, sagt Prof. Thomas Löscher von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das kann etwa in den Achselhöhlen, im Schamhaarbereich oder im Mund sein, aber auch in inneren Organen wie der Leber.
Abszesse auf der Haut sind am häufigsten und können harmlos sein, an anderer Stelle sind sie es definitiv nicht. Streuen Erreger aus der Eiteransammlung im Gewebe in den Körper, dann droht im schlimmsten Fall eine lebensbedrohliche Blutvergiftung.
Was führt überhaupt zu einem Abszess?
„Einem Abszess liegt meist eine bakterielle Infektion zugrunde“, erläutert Löscher. Durch einen Insektenstich, durch eine Hautverletzung beim Rasieren oder durch eine unzureichend versorgte Wunde - zum Beispiel auch nach einem chirurgischen Eingriff - gelangen die Bakterien in den Körper. „Normalerweise werden solche Keime vom Immunsystem bekämpft“, erklärt der Mediziner und Heilpraktiker Thomas Sokollik aus Kreuztal.
Ist das Immunsystem jedoch geschwächt, dann ist es auch nicht in der Lage, gegen die Bakterien anzugehen. Es kann dann zu einer Eiteransammlung kommen. Ist sie vom Gewebe hohlraumartig abgekapselt, handelt es sich um ein Abszess. Allerdings: „Die Entstehung von Abszessen ist nicht immer durch Erreger bedingt“, sagt Löscher. Auslöser können auch Entzündungen sein, die durch Verletzungen, Fremdkörper oder Prozesse im Immunsystem verursacht werden.
Wann sollte man abwarten und wann zum Arzt?
„Kleine Abszesse auf der Haut heilen oft innerhalb von zwei bis drei Tagen von selbst ab“, sagt Sokollik. Ein Arzt oder Heilpraktiker muss dann eher nicht aufgesucht werden. „Treten aber zusätzlich zu der Eiteransammlung Beschwerden wie Fieber oder Schüttelfrost auf, dann muss das Krankheitsbild unbedingt in einer Praxis oder in einer Klinik untersucht werden“, betont Löscher. Alle Alarmglocken sollten schrillen, wenn Betroffene ausgehend vom Abszess einen rötlichen Streifen auf der Haut bemerken: Im schlimmsten Fall ist dies ein Anzeichen für eine Blutvergiftung.
Eiteransammlungen in inneren Organen machen sich zunächst oft überhaupt nicht bemerkbar, sondern erst, wenn der Abszess in Körperhöhlen oder Hohlorgane einbricht. Oder wenn er über die Blutbahn streut und sich die Erreger im Körper verteilen. Dann können Abgeschlagenheit, Fieber und allgemeines Unwohlsein Hinweise auf eine Infektion sein, und man muss so schnell wie möglich zum Arzt. „Bleibende Schäden an dem betroffenen Organ können oft nicht ausgeschlossen werden“, erklärt Löscher. Bei einem Abszess im Kieferbereich muss man zum Zahnarzt.
Können kleinere Abszesse auf der Haut selbst therapiert werden?
Ja. Die oberste Regel hierbei lautet aber: Keinesfalls an dem Abszess herumdrücken oder ihn aufstechen. „Sonst besteht die Gefahr, dass sich Eiter und Bakterien verteilen und der Abszess noch größer wird“, sagt Sokollik. Kleinere Abszesse reifen, platzen und entleeren sich häufig von selbst. „Dann muss der Wundkrater desinfiziert und gegebenenfalls mit einem Pflaster geschützt werden“, erklärt Apothekerin Ursula Sellerberg. Sie ist stellvertretende Pressesprecherin bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in Berlin. In einigen Fällen bleibt ein kleiner Knoten unter der Haut zurück.
Und was ist, wenn der Abszess sich nicht von alleine entleert?
„Dann sollte er von einem Arzt durch einen Schnitt geöffnet werden“, sagt Löscher. Voraussetzung ist, dass der Abszess „reif“ ist. Diese Reifung kann durch feucht-warme Umschläge gefördert werden. Ein reifer Abszess ist daran zu erkennen, dass der Entzündungsherd sich zusammenzieht. Er wirkt dann härter und praller. Ergänzend zu einem Eingriff kann der Arzt Antibiotika gegen die bakterielle Infektion und ihre weitere Ausbreitung verschreiben.
Gibt es auch rezeptfreie Medikamente gegen Abszesse?
Ja. „Das sind sogenannte Zugsalben“, erklärt Sokollik. Sie können dazu beitragen, den Abszess schneller reifen zu lassen. „Sie sollten aber möglichst nur zur Überbrückung und nach Absprache mit einem Arzt angewendet werden“, rät Sellerberg. Die Zugsalbe wird einmal täglich auf die Haut aufgetragen und dann mit einem Verband abgedeckt.
Was kann man vorbeugend gegen Abszesse tun?
Grundsätzliche Regel: immer auf Hygiene achten. Wunden sollten gründlich desinfiziert werden, um eine Eiterbildung zu verhindern. Kleidung, die zu stark in die Haut einschneidet oder scheuert, kann ebenfalls zu einer Abszess-Bildung führen. „Treten bei jemandem häufiger Abszesse auf, sollte die Ursache hierfür genau untersucht werden“, erklärt Löscher. Denn dies kann etwa ein Anzeichen für Diabetes sein.