Gesunder Schlaf:Durchschlafen ist kein Naturgesetz

Gesunder Schlaf: Durchschlafen ist kein Naturgesetzt

Schlaf ist vielseitig: Menschen können an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten schlafen. Ebenso vielfältig sind ihre Wachphasen.

(Foto: iStockphoto)

Eine wache Stunde pro Nacht: Was nach grässlicher Durchschlafstörung klingt, war jahrhundertelang Usus. Warum nächtliches Aufwachen kein Grund zur Beunruhigung ist.

Berit Uhlmann

Schon mal Don Quijote gelesen? Schon mal über diese Stelle gestolpert? "Don Quijote entrichtete der Natur seinen Zoll, indem er dem ersten Schlummer unterlag, aber den zweiten gestattete er sich nicht; ganz im Gegensatze zu Sancho, der einen zweiten Schlaf nicht kannte". Die meisten lesen wohl darüber hinweg. Nicht so der Historiker Roger Ekirch von der Virginia Tech University.

Ihn ließen diese und andere Erwähnungen des ersten und zweiten Schlafes nicht mehr los. Er wühlte sich durch Dramen, Traktate, Tagebücher, fand mehr als 500 verschiedene Zitate, die ihm klar machten: Der Mensch schlief jahrhundertelang in zwei Blöcken von je etwa vier Stunden. Dazwischen war er eine Stunde lang wach. Diese Stunde war kein quälendes Im-Bett-Wälzen, sondern eine veritable Tageszeit: Die Menschen lasen, erzählten sich Geschichten und besuchten Nachbarn. Gelehrte empfahlen die Stunde zum besonders ergiebigen Studieren, Ärzte zum Kinderzeugen und die Kirche zum Beten. Eine ganze Reihe von Gebetsbüchern war einzig der wachen Nachtstunde gewidmet.

Dann setzte eine Erfindung diesem Rhythmus ein Ende: Die Glühbirne trat ins Leben der Menschen und verlängerte den Tag. Man verlegte zunehmend Aktivitäten auf den Abend; für die nächtliche Stunde blieb keine Zeit und Kraft mehr.

Dass die mittelalterlichen Schlafgewohnheiten mehr als eine historische Anekdote sein könnten, legen Experimente nahe. US-Schlafforscher Thomas Wehr ließ Versuchspersonen täglich 14 Stunden in kompletter Dunkelheit verbringen. Nach einigen Wochen zeigte sich ein Muster, das den mittelalterlichen Beschreibungen sehr ähnlich war. Die Probanden teilten den Nachtschlaf in zwei Phasen - mit einer Stunde Pause, die sie in sehr entspanntem Zustand verbrachten.

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