Covid-19:Obduktionen deuten auf Gerinnsel als Todesursache hin

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Schwer und fest gewordenes Gewebe: Lungentomographie eines Covid-19-Patienten (Foto: Annals of Internal Medicine)

Untersuchungen an verstorbenen Patienten zeigen, wie das Coronavirus im Körper wütet. Daraus wollen Mediziner Therapien ableiten, die Datenbasis ist bislang jedoch dürftig.

Von Christina Berndt

Covid-19-Patienten sterben häufig an Blutgerinnseln. Zu diesem Schluss kommt ein Team von Internisten und Rechtsmedizinern um Stefan Kluge und Klaus Püschel vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Die Mediziner haben in den vergangenen Wochen bei mehr als 190 Sars-CoV-2-Infizierten nach der Todesursache gefahndet. Eine Auswertung der ersten zwölf aufeinanderfolgenden Obduktionen, die sie vorgenommen hatten, publizierten sie nun in der Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine - um im internationalen Wettbewerb vorne mit dabei zu sein, wie einer der Erstautoren, der Rechtsmediziner Jan Sperhake, während einer Pressekonferenz einräumte. "Wir hätten auch warten können, bis wir 30, 50 oder mehr Fälle analysiert haben, aber dann wären wir nicht schnell genug gewesen", sagte er. Analysen der weiteren Obduktionen würden folgen.

Schon beim ersten Dutzend aber war den Hamburger Medizinern etwas Ungewöhnliches aufgefallen: Sie fanden bei sieben der zwölf Toten, deren Durchschnittsalter 73 Jahre betrug, Thrombosen in beiden Beinen. "Das hat uns verblüfft", sagte Sperhake, und Kluge ergänzte: "Das kennen wir sonst von keiner Patientengruppe." Solche Gerinnsel erhöhten das Risiko für gefährliche oder auch tödliche Verschlüsse in Herz, Gehirn und Lunge.

Ein Medikament zur Blutverdünnung soll erprobt werden

In der Folge seien vier der zwölf Patienten denn auch an einer Lungenembolie verstorben - und nicht, wie man bei einem Atemwegssyndrom wie Covid-19 erwarten könnte, an einer Lungenentzündung. "Dabei ist die Entzündung der Lunge bei Covid-19 wirklich ein eindrucksvoller Befund", sagte Sperhake. Mit bloßem Auge sei bei den Toten erkennbar, dass die Lungen schwer und fest geworden seien. "Da kann man sich die Schwierigkeiten gut vorstellen, die Intensivmediziner haben, diese Lungen noch zu belüften." Dennoch würden die Gerinnsel den Patienten mitunter gefährlicher als die Entzündung der Lunge. Die Erkenntnis der UKE-Ärzte steht im Einklang mit Berichten aus dem Ausland, wonach Sars-CoV-2 offenbar Thrombosen hervorruft. Auch Pathologen aus der Schweiz hatten bei ihren Obduktionen von Corona-Toten bereits eine hohe Rate an Lungenembolien festgestellt.

Für die UKE-Ärzte ergibt sich aus ihren Befunden eine neue therapeutische Option: Womöglich könnten tödliche Verläufe von Covid-19 verhindert werden, wenn Patienten auch außerhalb von Kliniken prophylaktisch eine Arznei zur Blutverdünnung erhielten und so das Risiko für Gefäßverschlüsse gesenkt würde, sagte der Internist Stefan Kluge. Studien müssten aber noch untersuchen, in welchem Rahmen dies am effektivsten sei, ohne Komplikationen durch ein erhöhtes Blutungsrisiko hervorzurufen.

© SZ vom 11.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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