Arzt-Patienten-Beziehung:"Ärztinnen nehmen sich mehr Zeit für ihre Patienten"

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Frauen haben die Medizin auf eine Weise verändert, von der jetzt auch Ärzte profitieren.

Interview von Berit Uhlmann

Astrid Bühren ist niedergelassene Ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Ehrenpräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes. Diese Organisation engagiert sich für mehr Chancengleichheit in der Medizin.

SZ: Die Medizin war lange ein männliche Domäne, wie sieht es heute aus?

Astrid Bühren: Seit 1900 sind Frauen in Deutschland zum Medizinstudium zugelassen. Doch noch 1960 hätte ein Viertel aller Medizinprofessoren lieber keine weiblichen Studenten in ihren Hörsälen gehabt. Ein Drittel von ihnen war strikt gegen die Berufung von Professorinnen. Heute sind fast 46 Prozent aller Ärzte Frauen.

Welche Karrierechancen haben diese Ärztinnen?

Den größten Frauenanteil in Leitungsfunktionen gibt es im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie, hier beträgt er 19 Prozent. Am unteren Ende steht die Chirurgie, sie ist weiterhin ein traditionell männliches Fach. Nur etwa vier Prozent der Leitungsstellen sind mit Chirurginnen besetzt.

Woran liegt das?

Zum einen spielen dieselben Phänomene eine Rolle, die sich auch in anderen Branchen finden: intransparente Personal- und Berufungsentscheidungen, bei denen sich Männer gegenseitig unterstützen. In der Medizin kommen aber noch die speziellen Belastungen des Berufs hinzu: Die Arbeitszeiten und die meist inkompatiblen Kinderbetreuungsangebote in der Klinik sind nur schwer mit der Familiengründung zu vereinen.

Behandeln Ärztinnen ihre Patienten anders?

Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen etwa 20 Prozent mehr Gesprächszeit pro Patient aufbringen. Zunächst wurde bezweifelt, ob dies tatsächlich die Behandlung verbessert. Nach dem Motto: Frauen reden halt mehr, das bedeutet erst mal gar nichts. Seit einigen Jahren zeigen aber mehr und mehr Studien, dass auch die Behandlungsergebnisse der Ärztinnen in vielen Bereichen besser sind. Das wurde unter anderem für Typ-2-Diabetes, Herzinsuffizienz und Bluthochdruck gezeigt.

Liegt das an der Zeit, die die Ärztinnen sich nehmen?

Ich persönlich glaube, dass es an ihrer besseren Kommunikation liegt. Wer genauer auf die Sorgen und Probleme der Patienten eingeht oder sie stärker ermuntert, erreicht mehr Therapietreue. Doch solche weichen Faktoren sind sehr schwer zu bestimmen. Es ist auch möglich, dass sich die motiviertesten Patienten eher diese Ärztinnen auswählen.

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Von Berit Uhlmann

Ich denke, wir werden in Zukunft mehr Ärztinnen in noch mehr Bereichen haben. Das ist auch wünschenswert, schließlich sind 51 Prozent der Patienten weiblich. Mir geht es gar nicht um die viel zitierte "Feminisierung der Medizin", sondern um eine "Normalisierung der bisherigen Maskulinisierung". Allein dies wird die Medizin verändern. Einen Wandel erwarte ich allerdings durch die gesamte junge Generation, die jetzt oder in Kürze den Beruf antritt. In dieser Generation haben auch Männer andere Vorstellungen vom Arztberuf. Aktuelle Umfragen zeigen, dass auch männliche Studenten mittlerweile eine bessere Vereinbarkeit von ärztlicher Tätigkeit und Familie wünschen. Das ist ein wesentlicher Gesinnungswechsel. Die Vorarbeit dazu haben die Ärztinnen geleistet, die jahrzehntelang dafür gekämpft haben, Beruf und Familie gerecht zu werden.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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