US-Katastrophenversicherung AIG:Etikettenschwindel zahlt sich aus

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Die US-Katastrophenversicherung AIG bedient sich neuer Namen und hat prompt Erfolg. Vielleicht könnte die Hypo Real Estate von ihr lernen.

Es ist zwar nur eine Umbenennung, doch den Kunden erscheint sie offenbar als eine gelungene Metamorphose: Die US-Katastrophenversicherung AIG, die vom Staat vor dem Zusammenbruch bewahrt werden musste, verkauft in den USA inzwischen schon wieder die meisten festverzinslichen Wertpapiere (Fixed Annuities) an Bankkunden. Damit steht der Versicherungskonzern, für dessen Rettung die historische Summe von 150 Milliarden Dollar floss, in einem krassen Gegensatz zur deutschen Hypo Real Estate (HRE). Für deren Rettung wurde umgerechnet nahezu derselbe Betrag aufgewendet, doch das Münchner Institut steht nach wie vor ausschließlich für Horrormeldungen.

Die Bilder ähneln sich: Protest gegen die US-Versicherung AIG (oben) und gegen den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (unten). Immerhin laufen bei der AIG die Geschäfte inzwischen wieder rund. (Foto: Foto: Reuters)

Das Interessante dabei: Beide Unternehmen sind am Markt inzwischen unter anderem Namen aktiv. Prangte im Fall der AIG bis Juni noch der Name "AIG Annuities" auf den Rentenpapieren des immer noch drittgrößten Versicherungskonzernes der Welt, so ist dieses Signet seither getilgt. Stattdessen werden die AIG-Produkte nun unter den Namen der Tochtergesellschaften Western National Life und First Sun America vertrieben, wie die New York Times berichtet. Die Hypo Real Estate (HRE) firmiert hingegen mittlerweile unter "Deutsche Pfandbriefbank" - die verbrannte Marke HRE steht nur noch für die Holding.

An die Spitze zurückgekämpft

Diese Strategie zahlt sich bei den Amerikanern aber offenbar besser aus als bei den Deutschen. Denn inzwischen hat die AIG große Wettbewerber im Anleihengeschäft wieder hinter sich gelassen. Als die AIG im Herbst 2008 vom Staat aufgefangen werden musste, waren die Kunden noch in Scharen zu Konkurrenten wie wie New York Life oder Transamerica übergelaufen.

Seit dem Namenswechsel im Juni kämpfte sich AIG alias Western National nun aber wieder an die Spitze zurück. Die New York Life, die im ersten Halbjahr noch die Marktführerschaft inne hatte, sei nun auf den dritten Platz zurückgefallen, Transamerica rangiere nur noch auf Rang vier, meldet die New York Times.

Amerikanische Verbraucherschützer und Konkurrenten sind irritiert. Denn festverzinsliche Wertpapiere bringen dem Emittenten zwar rasch viel Geld, doch sie können seine Kapitalbasis auch schneller erodieren als andere Finanzprodukte. Schließlich müssen bei Anleihen hohe Reserven vorgehalten werden, weswegen in der Regel nur hochkapitalisierte Anbieter in diesem Markt aktiv sind.

Argwöhnische Konkurrenten

Gerade aber Western National gehörte zu jenen AIG-Firmen, deren Kapitalbasis nicht mehr ausreichte, um den Konzern im Jahr 2008 vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Der Verlust allein dieser AIG-Tochter betrug damals 7,9 Milliarden Dollar - Western National musste durch den Staat rekapitalisiert werden.

Eben diese staatliche Finanzspritze, so argwöhnt die Konkurrenz, versetze Western National nun in die Lage ihren Kunden bessere Renditen anzubieten als Konkurrenten, die ohne Hilfen aus Washington auskommen müssen. "Einige Versicherer verkaufen festverzinsliche Wertpapiere zu Konditionen, die den Verdacht nahe legen, dass diese Mittel nur generiert werden, um möglicherweise andere Verpflichtungen zu erfüllen, sagte New-York-Life-Chef Gary Wendlandt der New York Times.

Western National will den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen. Der Finanzdienstleister biete im Durchschnitt gar keine höheren Renditen an, so der CEO von Western National, Bruce Adams. Vielmehr handle es sich vermehrt um langfristige Anleihen, die eben eine andere Renditestruktur hätten.

"Nicht vor 2012 wieder in der Gewinnzone"

Während Adams so immerhin Verkaufserfolge verteidigen darf, muss Hypo-Real-Estate-Chef Axel Wieandt nach wie vor zu katastrophalen Ertragslagen seines Instituts Stellung nehmen. Denn die HRE, deren Rettung eine historisch einmalige Aktion in der Geschichte der deutschen Finanzbranche darstellt, sieht nach wie vor kein Land: "Wir gehen aktuell nicht davon aus, dass wir vor 2012 wieder in die Gewinnzone zurückkehren können", sagte Wieandt bei der Präsentation der Halbjahreszahlen im August.

Die damals vorgelegten Zahlen waren zudem desaströs: Der Fehlbetrag allein für die ersten sechs Monate belief sich auf 1,13 Milliarden Euro und ließ Befürchtungen aufkommen, dass die 102 Milliarden Euro nicht ausreichen könnten, die von Bund und Banken zur Rettung des Instituts bereits aufgewendet wurden.

Die Umbenennung der HRE in "Deutsche Pfandbriefbank" hat also nicht viel geholfen. Auch diese Marke steht eher für Skandal als Erfolg.

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