Steuerfahndung:Wo sind die Steuer-CDs?

Lesezeit: 2 min

Alle sprechen von den Steuer-CDs, doch bisher haben die Finanzämter noch keinen Datenträger erhalten. Gibt es sie überhaupt oder war das alles nur ein ausgebuffter Trick?

Hans Leyendecker

Nur mal so ein Gedankenspiel: Man stelle sich vor, Anfang des Jahres hätten ein paar wichtige Politiker der Union beim Wein darüber nachgedacht, wie man die Steuerkassen füllen könnte. Einer in der Runde wäre auf den Einfall gekommen, öffentlich verbreiten zu lassen, es gebe CDs mit Angaben über ganz viele deutsche Steuersünder in der Schweiz.

CDs mit den Daten von Steuersündern: Goldgräberstimmung macht sich beim Fiskus breit. (Foto: Foto: ddp)

Erst müsste - natürlich auf der großen politischen Bühne - kontrovers darüber diskutiert werden, ob die Länder überhaupt solche Datenträger erwerben sollten, schlägt ein anderer vor. Dann werde die Kanzlerin "Basta!" rufen und dann werde gekauft. In den Ländern werde es Selbstanzeigen hageln.

Natürlich hat es einen solchen Bluff nicht gegeben. Ein solcher Trick würde am Ende den politischen Betrieb teuer zu stehen kommen - auch moralisch, wenn man den Begriff überhaupt gebrauchen will. Ohne jeglichen Zweifel wäre der Imageschaden wegen Irreführung des Publikums gigantisch. Aber einige politische Akteure verhalten sich in diesen Tagen so, als wollten sie Verschwörungstheoretikern recht geben.

Niemand soll sich sicher sein

Sie preisen strafbefreiende Selbstanzeigen an, bevor irgendjemand die erste CD überhaupt gesehen hätte. Goldgräberstimmung macht sich beim Fiskus breit. Nicht nur wegen des Steuergeheimnisses werden die Namen der Banken geheim gehalten. Niemand soll sich sicher sein.

In den vergangenen Tagen sollen bereits 3000 Steuerflüchtlinge Selbstanzeige erstattet haben. Steuernachzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe werden erwartet. Nur zum Vergleich: Bei der großen Steueramnestie 2004 und 2005 kassierten Bund und Länder von insgesamt 15.000 Steuersündern 1,24 Milliarden Euro.

Ganz vorneweg agiert in diesen Tagen der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), der Selbstanzeigen wie tägliche Wasserstandsmeldungen verkünden lässt. Erstaunlich rasch konnten seine Leute auch die angeblichen Steuer-Mehreinnahmen schätzen: mehr als 20 Millionen Euro. Mindestens.

Abseits aller Spökenkiekereien: Baden-Württemberg und Bayern sind tatsächlich silberne Scheiben angeboten worden, deren Qualität allerdings nicht berauschend sein soll. Doppel-Nennungen, falsche Namen - was es auf diesem grauen Markt alles so gibt.

Von ganz anderer Güte soll jene CD sein, die der Wuppertaler Steuerfahndung vor rund einem Jahr offeriert wurde. Die Steuerbehörden versprechen sich von dieser Scheibe, auf der ausschließlich Kunden der Credit Suisse zu finden sind, Steuereinnahmen von bis zu 400 Millionen Euro.

Schweiz richtet Rechtshilfegesuch an Berlin

Zwar hocken im Finanzamt Wuppertal-Barmen, das die Zentrale für die Aufarbeitung des Falles sein soll, schon Finanzbeamte mehrerer Steuerfahndungen aus NRW beisammen, doch der Kauf hat sich noch einmal verzögert. 2,5 Millionen Euro will der Unbekannte kassieren. Das Geld ist bewilligt, aber die Übergabe braucht noch Zeit.

Inzwischen ist in Berlin ein Rechtshilfeersuchen der Schweizer Bundesanwaltschaft eingegangen. Die Eidgenossen hatten Behörden in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen nach der Identität der Datendiebe befragt. Die Länderregierungen setzen sich seit einer Vereinbarung aus dem Jahr 2004 in Fällen von politischer oder rechtlicher Bedeutung mit der Bundesregierung ins Benehmen, bevor sie entscheiden.

Wahrscheinlich werden zwei von der FDP regierte Ministerien, das Auswärtige Amt und das Bundesjustizministerium, dem Rechtshilfeersuchen zustimmen. Und vermutlich werden das CDU-regierte Bundesfinanzministerium und das Kanzleramt die Hilfe ablehnen. Und möglicherweise wird die Kanzlerin ganz laut "Basta" sagen.

© SZ vom 20.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: