Beschluss des Bundesverfassungsgerichts:Besser absetzbar: das Arbeitszimmer

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Steuerpflichtige können künftig auch dann wieder Kosten für ein Arbeitszimmer absetzen, wenn es "nicht den Mittelpunkt der gesamten Arbeit darstellt". Die Richter rügten zugleich die Willkür des Staates bei der Steuergesetzgebung.

Wolfgang Janisch

Das häusliche Arbeitszimmer ist künftig für deutlich mehr Arbeitnehmer als bisher steuerlich absetzbar. Wer im Betrieb keinen Arbeitsplatz hat und teilweise zu Hause arbeiten muss, kann die Kosten beim Finanzamt geltend machen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Das Bundesverfassungsgericht kippt die Steuerregelung für das Arbeitszimmer. (Foto: AP)

Von dem Beschluss profitieren vor allem Lehrer, möglicherweise aber auch andere Berufsgruppen wie Architekten und Handelsvertreter, die ihre Arbeitseinsätze zu Hause vorbereiten müssen. Nach dem Richterspruch sind auch Rückerstattungen möglich: Karlsruhe hat dem Gesetzgeber aufgegeben, rückwirkend zum 1. Januar 2007 eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen.

Vorläufigkeitsvermerk wichtig

Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler haben aber wohl nur solche Steuerzahler einen Anspruch, deren Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig oder mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen sind. Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt, der Beschluss werde den Fiskus mehr als eine Milliarde Euro kostet.

Auf eine Vorlage des Finanzgerichts Münster erklärte der Zweite Senat des Karlsruher Gerichts das Steueränderungsgesetz von 2007 teilweise für verfassungswidrig. Damals war die steuerliche Abzugsfähigkeit von Arbeitszimmerkosten stark zurückgefahren worden: Aufwendungen konnten nur dann geltend gemacht werden, wenn das Arbeitszimmer "den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet".

Vor 2007 war die Regelung sehr viel großzügiger, absetzbar waren bis zu 1250 Euro, wenn der Raum zu mehr als 50 Prozent beruflich genutzt wurde.

Zwar haben die Verfassungsrichter prinzipiell keine Einwände gegen "sachgerechte Begrenzungen": Der Gesetzgeber habe beim steuerlichen Abzug der Arbeitszimmer einen erheblichen Gestaltungsspielraum "sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach" - schon deshalb, weil kaum zu kontrollieren sei, in welchem Umfang ein Zimmer beruflich oder privat genutzt werde. Der Gesetzgeber dürfe beispielsweise Höchstgrenzen festsetzen und dabei einen pauschalen Anteil privater Nutzung veranschlagen.

Änderungen nicht zur Erhöhung der Steuereinnahmen

Allerdings verstoße es gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, denjenigen Steuerzahler die Absetzbarkeit ihres Arbeitszimmers zu verwehren, denen im Betrieb kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

Denn nach dem im Einkommensteuerrecht herrschenden "Nettoprinzip" sei beruflich veranlasster Aufwand grundsätzlich vom zu versteuernden Einkommen absetzbar; Ausnahmen von diesem Grundsatz seien nur aus einem "besonderen sachlichen Grund" erlaubt. Das Ziel, lediglich die Steuereinnahmen zu erhöhen, sei noch kein hinreichender sachlicher Grund. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass im Gesetzgebungsverfahren der Abbau von Steuersubventionen als Ziel genannt worden sei. Drei der acht Richter stimmten gegen die Entscheidung. ( Az: 2 BvL 13/09)

Geklagt hatte ein Hauptschullehrer, der zu Hause in einem 10-Quadratmeter-Zimmer täglich zwei Stunden ausschließlich zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts nutzte. Sein Antrag, ihm in der Schule einen Arbeitsplatz zuzuweisen, war abgelehnt worden, so dass er im Jahr 2007 für das Zimmer knapp 900 Euro beim Finanzamt geltend machte.

Nach Einschätzung von Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, verfügt - abgesehen von den Schulleitern - kaum einer der bundesweit 800.000 Lehrer über einen Arbeitsplatz, an dem er seinen Unterricht vorbereiten kann.

An seinem Gymnasium in Vilsbibug südlich von Landshut - das durchaus repräsentativ sei - gebe es für 92 Lehrer nur 60 Stühle im Lehrerzimmer.

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