Schokolade wird teurer:Süße Versuchung für Spekulanten

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Genuss wird zum Luxus: Hedgefonds treiben die Preise für Kakao nach oben. Zunächst an den Börsen - und bald auch für den Verbraucher im Supermarkt.

Silvia Liebrich

Der weltweit größte Kakaoverarbeiter Barry Callebaut geht davon aus, dass Schokolade schon bald teurer wird. Ursache dafür seien die stark gestiegenen Notierungen für Kakao an den internationalen Rohstoffmärkten, sagte der Vorstandsvorsitzende Jürgen Steinemann der Süddeutschen Zeitung.

Schokolade wird schon bald teurer. Ursache sind die stark gestiegenen Kakaopreise an den internationalen Rohstoffmärkten. (Foto: Foto: Reuters)

Hoher Kakaopreis

Die Verteuerung gehe vor allem auf das Konto von Spekulanten und sei nur zum Teil durch eine höhere Nachfrage begründet. "So wie die Marktlage aussieht, müssen wir mit weiter steigenden Kakaopreisen rechnen", ergänzte er.

Der Schweizer Konzern ist der größte Aufkäufer von Kakaobohnen und stellt Rohschokolade her, die von vielen Schokoherstellern weiterverarbeitet wird. Als Markenhersteller ist das Unternehmen hierzulande durch die Tochter Stollwerck bekannt.

An den Börsen stiegen die Kakaonotierungen in den vergangenen Wochen auf den höchsten Stand seit 33 Jahren. Der Rohstoff wurde damit innerhalb von zwölf Monaten um 75 Prozent teurer. Für den leichten Rückgang in den vergangenen Tagen machten Analysten Gewinnmitnahmen verantwortlich.

Dass die Schokoladenhersteller den hohen Kakaopreis bislang nicht an die deutschen Verbraucher weitergegeben haben, dürfte am hohen Wettbewerbsdruck liegen, der im Handel herrscht.

Preisanpassungen unvermeidbar

Keiner wolle den ersten Schritt machen, heißt es in der Branche. Denn wer sich zuerst vorwagt, muss möglicherweise empfindliche Absatzeinbußen hinnehmen. Beim Handelsverband Sweets Global Network hegt man allerdings keine Zweifel: Sollte sich Kakao in den nächsten Monaten weiter verteuern, seien Preisanpassungen bei Schokolade unvermeidbar, heißt es dort.

In der Branche herrscht Alarmstimmung. Denn die weltweite Kakaoproduktion dürfte in diesem Jahr erneut zurückgehen, während die Nachfrage weiter steigt. Für die laufende Erntesaison erwartet die Internationale Kakao-Organisation ein Produktionsdefizit von mindestens 73.000 Tonnen. Die Kakao-Lagerbestände haben den niedrigsten Stand seit 20 Jahren erreicht.

Erträge der Kakaobauern gehen zurück

In den Hauptanbauländern Elfenbeinküste, Ghana, Indonesien und Nigeria steigen die Erträge der Kakaobauern kaum noch oder gehen sogar zurück. Viele Plantagen sind überaltert und die Pflanzen von Krankheiten befallen. Der internationale Versicherungsmakler Aon warnt bereits vor Lieferengpässen: "Unter den weltweit gehandelten Agrargütern ist die Lage beim Kakao am kritischsten, da sich 75 Prozent der Weltproduktion auf vier Ländern konzentrieren, die durch Lieferunterbrechungen bedroht sind", heißt es in einer Studie.

Barry-Callebaut-Chef Steinemann sieht keine Grund zur Panik: "Es ist richtig, sich Gedanken über die Versorgungslage zu machen. Es ist aber keinesfalls so, dass die Welt aus den Angeln gehoben wäre und wir keinen Kakao mehr hätten."

Das Angebot sei zwar einerseits gesunken. Aber auf dem Kakaomarkt wirke sich schon ein geringfügiger Rückgang überproportional auf die Preise aus. Gerade dies macht den Kakaomarkt für Spekulanten so interessant. "Hedgefonds kommen jetzt wieder aus den Löchern und treiben den Preis hoch", stellt Steinemann fest.

Etwa ein Drittel der Börsenumsätze geht nach seinen Angaben auf kurzfristig orientierte Hedgefonds zurück. Deutlich abzulesen sei dies etwa an der New Yorker Börse. Dort müssen Kakao-Investoren zwar nicht ihren Namen veröffentlichen, dafür aber angeben, welche Art von Geschäfte sie machen. Kakaoverarbeiter sind demnach nur für ein Drittel der Handelsumsätze verantwortlich.

Neue Anbauflächen gesucht

"Nahrungsmittel dürften nicht zum Spielball von Spekulanten werden", fordert Steinemann. Hedgefonds sollten deshalb vom Handel mit Agrarrohstoffen ausgeschlossen werden. "Ich befürchte allerdings, dass sich das nicht durchsetzen lässt. Sollte es eine Initiative von Unternehmen und Politik geben, werden wir uns anschließen", ergänzt er.

Barry Callebaut will die Produktion in den nächsten drei Jahren um sechs bis acht Prozent jährlich steigern und vor allem in China und Indien mehr absetzen. "Bei unserer jetzigen Produktionsleistung von 1,2 Millionen Tonnen Schokolade macht das ein riesiges Volumen aus", sagt der Konzernchef.

"In Asien leben vier Milliarden Menschen, die im Schnitt hundert Gramm Schokolade im Jahr essen. Steigt der Konsum nur um zehn Gramm, bräuchten wir 40 Prozent mehr Kakaobohnen. Das können wir nicht von heute auf morgen bewerkstelligen." Um diesen Bedarf zu decken, sollen neue Anbauflächen in Vietnam, China und Malaysia erschlossen werden.

© SZ vom 04.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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