Der Commerzbank-Berater versucht zunächst vergeblich, dem Kunden ein Girokonto schmackhaft zu machen. Dann speist er den Computer: Adresse, Geburtstag, Gehalt, Miete, Lebenskosten. Der Rechner spuckt eine düstere Prognose aus: Wenn der Kunde in den Ruhestand geht, wird die gesetzliche Rente nur die Hälfte seines letzten Gehalts abdecken. Jeden Monat könnten deutlich mehr als 2000 Euro zum Leben fehlen. Was tun?
Der Banker empfiehlt, 125 Euro pro Monat in eine Riester-Rente "Index-Select" der Versicherung Allianz zu zahlen. Jahr für Jahr könne der Sparer auswählen, ob seine Anlagen festverzinst werden sollen oder ob die Rendite von der Entwicklung des Euro-Stoxx abhängen soll, des Aktienindex mit den 50 größten europäischen Firmen. Die Versicherung garantiert, dass der Sparer nie Verluste macht, auch wenn der Index sinkt. Im Gegenzug bekommt er immer nur eine Höchst-Rendite, selbst wenn der Index stark steigt. Es ist ganz schön kompliziert. Am Ende steht eine "modellhaft berechnete" Zusatzrente von 1073 Euro pro Monat - falls die Anlagen im Schnitt sechs Prozent Rendite pro Jahr abwerfen.
Für weitere 71 Euro pro Monat könne der Kunde eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Sie sichere gegen Nervenkrankheiten, Bandscheibenvorfälle und sonstige Rückschläge ab. Nach anderthalb Stunden Beratung hat der Sparer seinen "persönlichen Vorsorgeplan" in der Hand und allerlei Datenschutzformulare unterschrieben. Nur: War das jetzt gut?
Renditeannahmen sind kaum zu schaffen
Andreas Beck, Leiter des Instituts für Vermögensaufbau in München, sieht viel Licht und viel Schatten. Die Aufteilung auf Berufsunfähigkeits- und Riester-Rente sei nachvollziehbar, sagt der Wissenschaftler. Die empfohlene Rente verursache aber hohe Kosten für den Sparer. "Index-Select ist ein ungewöhnlich komplexes und teures Produkt", sagt Beck. "Es wäre eine Doktorarbeit wert, aufzudröseln, wer daran wie viel verdient." Allein der Abschluss der Versicherung kostet 1660 Euro - die müsste der Kunde erst mal reinholen. Und wenn er das Geld wirklich auf Festverzinsung und Euro-Stoxx aufteilt, wären sechs Prozent Rendite zurzeit kaum zu schaffen.
Die Commerzbank verteidigt auf Nachfrage die Kostenstruktur der Index-Select-Rente. Effektiv lägen die Kosten bei 0,74 Prozent pro Jahr; diese Quote sei "marktgerecht". Und bei Riester-Produkten sei nun mal garantiert, dass der Sparer mindestens seine eingezahlten Beiträge zurückerhalten muss; diese Sicherheit gehe zulasten der Rendite.