Nachfolge von Deutsche-Bank-Chef Ackermann:Vorhang auf zum letzten Akt

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Das Königsdrama in der Deutschen Bank geht dem Ende zu. Ackermann soll offenbar Börsig als Chefkontrolleur beerben. Dieses Manöver hat nur einen kleinen Haken.

Harald Freiberger

Würde man die Verwicklungen um die Nachfolge von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann als Königsdrama beschreiben, so stünde das Schauspiel kurz vor der Auflösung. An diesem Dienstag findet mit der Sitzung des Aufsichtsrats der fünfte und letzte Akt statt.

Für das Tauziehen um die Nachfolge von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann könnten in der Aufsichtsratssitzung am Dienstag die Weichen gestellt werden. (Foto: AFP)

Die 20 Kontrolleure sollen einer künftigen Doppelspitze mit dem Londoner Investmentbanking-Chef Anshu Jain und dem Deutschland-Chef Jürgen Fitschen zustimmen. Ausgetüftelt hat das Oberkontrolleur Clemens Börsig, der Gegenspieler Ackermanns. Aber es geht nicht mehr nur um die Nachfolge Ackermanns. Es geht auch darum, ob Börsig an der Spitze des Kontrollgremiums bleibt oder ob ihn Ackermann dort ablöst.

Der vorletzte Akt ging am Wochenende zu Ende. In ihm zeichnete sich eine Lösung ab. Die Welt am Sonntag berichtete, Börsig sei bereit, vorzeitig zu gehen. Eigentlich läuft sein Vertrag bis Mai 2013, nun wolle er schon im Mai 2012 aufhören, um Ackermann an der Spitze des Aufsichtsrats Platz zu machen. Das sei seit Tagen so vereinbart, und Börsig sei "ganz entspannt". Wenn das so stimmt - und die Zeitung steht dem Hofe Börsigs nahe -, könnte dies der Durchbruch sein. Denn in den bisherigen Akten hat sich schon angedeutet, dass einer von beiden in dem Machtkampf weichen muss.

Kampf auf offener Bühne

Erster Akt: Der frühere Bundesbank-Chef Axel Weber, Ackermanns Favorit für seine Nachfolge, entscheidet sich Ende Juni überraschend, zur UBS zu gehen. Damit steht die Deutsche Bank mit leeren Händen da. Für die Suche ist Börsig zuständig. Es beginnt ein Kampf auf offener Bühne: Die Ackermann-Seite wirft Börsig vor, Weber vergrault zu haben.

Zweiter Akt: Schnell zeichnet sich ab, dass die Bank an Anshu Jain als künftigem Chef nicht mehr vorbeikommt. Der Inder ist im Vorstand der weitaus Profilierteste, weil er seit Jahren für die meisten Gewinne sorgt. Doch Ackermann wollte Jain eigentlich verhindern. Er hält einen Investmentbanker an der Spitze nach der Finanzkrise für das falsche Signal.

Auch Börsig ist klar, dass Jain alleine nicht geht. Deshalb zieht er eine Lösung aus dem Hut, mit der niemand gerechnet hat: Jain soll als solider Gegenpart der Niedersachse Jürgen Fitschen zur Seite gestellt werden, um den Befindlichkeiten der deutschen Politik und Öffentlichkeit gerecht zu werden.

Sorge an Ackermanns Hof

Dritter Akt: Ackermann ist mit Börsigs Lösung gar nicht einverstanden. Er fürchtet um sein Erbe. Schließlich hat er in den vergangenen Jahren die Bank weg vom Investmentbanking und hin zum soliden Firmen- und Privatkundengeschäft entwickelt. Da Fitschen bald 63 wird, ist man am Hofe Ackermanns in Sorge, Jain könnte die Alleinherrschaft übernehmen, wenn sein Mitregent in wenigen Jahren aufhört.

Vierter Akt: Die Variante mit Ackermann als Aufsichtsrats-Chef kommt ins Spiel. Er könnte als Oberkontrolleur dafür sorgen, dass das Gleichgewicht der Kräfte auch künftig erhalten bleibt. Zum Beispiel, indem er Jain einen starken Gegenpart zur Seite stellt, wenn Fitschen geht.

Die Sache hat nur einen Haken: Börsig müsste dafür das Feld räumen. Der Auftritt von Aufsichtsrätin Marlehn Thieme, die die leitenden Angestellten vertritt, gibt dem Drama eine Wende. Sie plädiert vor zehn Tagen dafür, dass Ackermann in den Aufsichtsrat geht, das wünschten viele Vertreter der Arbeitnehmer-Seite. Börsig lotet in seinem Gremium gleichzeitig die Stimmung aus und kommt offenbar zu dem Schluss, dass es besser für ihn ist, das Feld zu räumen.

Die Lösung würde damit so aussehen: Jain und Fitschen übernehmen im Mai 2012 gemeinsam den Vorstandsvorsitz, Ackermann wird gleichzeitig Aufsichtsrats-Chef, Börsig tritt von der Bühne ab. Ganz entschieden ist das Drama vor dem Schlussakt aber nicht.

Die Abkühlphase

Selbst wenn Börsig dem Aufsichtsrat erklärt, dass er bereit ist, vorzeitig zu gehen, kann es noch Komplikationen geben. Laut Aktiengesetz darf ein Vorstand erst nach einer zweijährigen "Abkühlungsphase" in den Aufsichtsrat wechseln.

Es soll einen klaren Schnitt geben, der frühere Verantwortliche soll sein Wirken nicht selbst kontrollieren und dem Nachfolger die Arbeit erschweren. Einige Aufsichtsräte halten das durchaus für sinnvoll.

Entschieden wird das aber nicht vom Aufsichtsrat, der ist nur für die Besetzung von Vorständen zuständig. Die Eigentümer können die zweijährige Abkühlungsphase außer Kraft setzen, wenn sie 25 Prozent der Anteile hinter den Vorschlag bekommen und die nächste Hauptversammlung dann mit 50 Prozent dafür stimmt. Selbst wenn das Königsdrama am Dienstag zu Ende geht, wird es also noch ein Nachspiel geben.

© SZ vom 25.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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