Lebensversicherungen:Suche nach dem sicheren Hafen

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Lebensversicherungen galten lange als krisenfest. Jetzt sinken die Erträge. Wer die Zinsen senkt - und wo sich die Anlage noch lohnt.

A. Mühlauer

Ein sicherer Hafen, ja, das wäre schon etwas in diesen Zeiten; vor allem für das liebe Geld, das man, so noch welches übrig ist, sehr gerne sicher aufbewahren würde. Das wissen natürlich die Marktschreier in Sachen Geldanlage und versprechen, was sie auch schon vor Ausbruch der Finanzkrise versprochen haben: Bei uns ist Ihr Geld nicht nur sicher, bei uns garantieren wir Ihnen auch noch eine ordentliche Rendite.

Ein sicherer Hafen, ordentliche Rendite - Lebensversicherer versprechen viel. Doch Verbraucherschützer warnen. (Foto: Foto: dpa)

Besonders Vermittler, die Lebensversicherungen verkaufen wollen, versichern wieder einmal besonders laut, dass ihre Produkte gerade jetzt sicher und krisenfest seien. Das war schon immer so. Und deshalb hat fast jeder Deutsche eine Kapitallebensversicherung oder eine private Rentenversicherung, um fürs Alter vorzusorgen. Doch auch deren Erträge werden wegen der Finanzkrise geringer ausfallen: Jede dritte Versicherung senkt für dieses Jahr die laufende Verzinsung (siehe Grafik rechts).

Lebensversicherungen sind die Grundlage für viele Betriebsrenten und für die meisten der staatlich geförderten Riester- und Rürup-Rentenpolicen. Insgesamt 93,9 Millionen Lebensversicherungsverträge wurden nach Angaben des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft in Deutschland abgeschlossen. Das sind gut zehn Millionen mehr, als die Bundesrepublik Einwohner hat. Ein sicherer Hafen, könnte man meinen, so viele Bürger dürften sich wohl nicht irren.

Riskante Anlage

Doch, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Für sie sind Lebensversicherungen eine hoch riskante und intransparente Geldanlage. Nur ein Viertel aller Verträge würden, so die Verbraucherschützerin, bis zum Ende durchgehalten. Und dann läge die Rendite meist bei lediglich zwei bis drei Prozent. "Versicherte, die am Ende der Vertragslaufzeit vier oder gar fünf Prozent herausbekommen, sind Einzelfälle", sagt Castelló.

Für die Kunden ist es unmöglich nachzuvollziehen, wie hoch die Kosten für Verwaltung und Provision sind, die die Versicherer vom Anleger kassieren. Dabei sind es eben diese Kosten, die den Sparanteil des Kunden auffressen. Ein Beispiel: Von 100 Euro, die jeden Monat eingezahlt werden, können bei manchen Versicherungen allein 30 Euro für Kosten draufgehen. Der effektive Sparanteil liegt dann nicht bei 100, sondern lediglich bei 70 Euro.

Und genau um diese Summe geht es. Sie ist die Berechnungsgrundlage für den Garantiezins, die Überschussbeteiligung und die Bewertungsreserven. (siehe Grafik rechts) "Den meisten Verbrauchern sind die enorm hohen Kosten bei Lebensversicherungen nicht bewusst", sagt Verbraucherschützerin Castelló.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie sich die Finanzkrise auf die Erträge von Lebensversicherungen auswirkt - und warum Kunden von fondsgebundenen Policen häufig nicht profitieren.

Hinzu kommt: Der Versicherte erfährt nicht, wie und wo die Unternehmen ihr Geld anlegen. Deutsche Gesellschaften stecken das Kapital überwiegend in festverzinsliche Wertpapiere, die Gefahr von Fehlspekulationen ist demnach eher gering. Der Aktienanteil liegt im Branchendurchschnitt bei etwa zehn Prozent - allerdings mit großen individuellen Unterschieden.

Welche Lebensversicherer die höchsten Verzinsungen bieten - und welche Anbieter die Verzinsungen senken: Diese Grafik verrät es. (Foto: Grafik: SZ)

Werden die Erträge also wegen der Finanzkrise sinken? Ja, es sieht so aus. Besonders deutlich hat die Provinzial Rheinland ihre laufende Verzinsung für neue Policen reduziert, von 4,65 auf 4,10 Prozent. Die Ideal senkt ihre von 4,5 auf 4,0 Prozent. Auch die Debeka und die Europa, die im Vergleich noch immer mit einer überdurchschnittlich hohen Verzinsung werben, haben sie jetzt zum ersten Mal seit mehreren Jahren gekürzt.

Die Allianz Leben, Deutschlands größter Lebensversicherer, hat dagegen die laufende Verzinsung mit 4,5 Prozent konstant gehalten. Nach einer Untersuchung der Ratingagentur Assekurata hat jede dritte Gesellschaft die Verzinsung gesenkt. Im Durchschnitt garantieren die Versicherer gut 3,5 Prozent.

Hohe Kosten

Unternehmen, die trotz der Finanzkrise ihre Verzinsung nicht gesenkt haben, hätten, so heißt es bei Assekurata, in den vergangenen Jahren Rücklagen aufgebaut. Die frei festsetzbaren Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen und die Schlussgewinnanteile seien in den Jahren 2005 bis 2007 von gut sieben auf acht Prozent gestiegen. Nicht gerade viel, aber doch ein wenig Spielmasse, um die erlittenen Verluste zu glätten.

Am härtesten trifft die Finanzkrise die Inhaber von fondsgebundenen Policen. Von denen gibt es laut dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft in Deutschland etwa 11,7 Millionen. Versicherungsmakler verkaufen diese Verträge vor allem im Neugeschäft, nicht zuletzt wegen der eher hohen Kosten, von denen die Versicherer profitieren. Außerdem verlagern die Gesellschaften so das Risiko der Anlage auf den Kunden. Laufen die Fonds schlecht, in die das Geld des Versicherten fließt, verliert der Kunde Bares.

Umgekehrt kann der Anleger auch von hohen Kursgewinnen bei den Fondspolicen profitieren. Da es an den Aktienmärkten aber in letzter Zeit vor allem abwärts ging, werden die Inhaber von Fondspolicen zumindest vorübergehende Einbußen zu verkraften haben. Lebensversicherungen sind eben doch nicht der ganz sichere Hafen.

© SZ vom 15.01.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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