Fondsgebundene Lebensversicherungen:Erträge in Gefahr

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Die Finanzkrise und ihre Folgen: Auch Kunden mit einer Lebensversicherung könnten zu den Verlierern zählen - vor allem Käufer fondsgebundener Policen.

Thomas Öchsner

Lebensversicherungen gelten bei den meisten Deutschen als sicher und krisenfest. Fast jeder Bundesbürger hat deshalb eine Kapitallebensversicherung oder eine private Rentenversicherung, um fürs Alter vorzusorgen. Doch die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben viele Kunden verunsichert.

Wie sicher sind fondsgebundene Lebensversicherungen noch? (Foto: Foto: ddp)

Viele fragen sich nun: Wenn der weltweit größte Versicherer, das US-Unternehmen AIG, vom Staat vor der Pleite gerettet werden muss, wie sicher ist dann mein Geld bei meiner Versicherung? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Kann in Deutschland ein Anbieter pleitegehen?

Theoretisch ist das durchaus möglich, in der Praxis aber sehr unwahrscheinlich. Versicherer, die schlecht wirtschaften, werden von anderen Unternehmen übernommen. Oder aber der Rettungsfonds der Versicherer, in den alle in Deutschland zugelassenen Versicherer einzahlen müssen, springt ein.

So war es bei der Mannheimer Lebensversicherungs-AG: Das Unternehmen hatte 2002 fast 60 Millionen Euro Verlust gemacht - unter anderem wegen misslungener Aktienspekulation. Die Verträge der Kunden gingen auf den Rettungsfonds Protektor über. Einziger Nachteil für die Kunden: Vorübergehend erhielten sie nur den Garantiezins ausgezahlt und keine Überschüsse, die davon abhängen, wie gut die Versicherung das Geld ihrer Kunden angelegt hat.

Können sich Versichereram Aktienmarkt verspekulieren?

Die Assekuranz in Deutschland steckt das Kapital ihrer Kunden überwiegend in festverzinsliche Wertpapiere, deshalb ist die Gefahr von Fehlspekulationen gering. Der Aktienanteil liegt im Branchendurchschnitt bei etwa zehn Prozent - mit großen individuellen Unterschieden. Manche haben gar keine Aktien oder nur eine minimale Aktienquote wie etwa die Debeka. Andere wie der Marktführer Allianz setzen stärker auf die Chancen von Aktien. Bei der Allianz Leben ist der Aktienanteil am Kapitalvermögen in den vergangenen zwölf Monaten von knapp 20 auf unter 15 Prozent gesunken.

Dramatische Auswirkungen der Finanzkrise fürchte das Unternehmen nicht, sagte ein Allianz-Sprecher. Er verweist auf die viel größeren Kursverluste im Börsencrash nach der Jahrtausendwende, die man auch gut überstanden habe. Ein Versicherer müsse langfristig denken, und langfristig bringe ein höherer Aktienbestand auch eher höhere Renditen.

Ist Geld von Versicherungenin fragwürdige Produkte geflossen?

Für die Kunden ist es unmöglich nachzuvollziehen, wo und wie ihr Versicherer ihr Geld angelegt hat. Wenn sich die Branche an die Vorschriften der staatlichen Finanzaufsicht gehalten hat, ist aber nicht zu befürchten, dass Geld in großem Umfang in fragwürdige Finanzprodukte geflossen ist.

Lesen Sie auf der nächsten Seite über das Risiko von Fondspolicen.

Werden die Erträge in Zukunft wieder schmelzen?

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Die laufende Verzinsung der Lebensversicherer in Deutschland hat sich nach Berechnungen des Analysehauses Map-Report 2008 im Durchschnitt von 4,26 im Vorjahr auf 4,39 Prozent erhöht. Diese leichte Aufwärtstendenz sieht der Chef des Map-Reports, Manfred Poweleit, nun gefährdet. "Ich fürchte, dass sich die leichte Erhöhung der Renditen 2009 nicht fortsetzen wird", sagte der Versicherungsexperte.

Der Grund: Die Zentralbanken haben viele Milliarden in die Finanzmärkte gepumpt. An den Anleihemärkten hat dies zu sinkenden Renditen geführt. Und das wiederum heißt für die Versicherungskunden, dass auch die Verzinsung ihrer Anlagen tendenziell sinken könnte. Ein wichtiger Gradmesser ist dabei die Umlaufrendite; sie zeigt, wie sich der Durchschnittsertrag von Bundesanleihen entwickelt. Im September 2005 lag die Umlaufrendite bei extrem niedrigen 2,84 Prozent.

Dann kam ein Anstieg auf 4,70 Prozent bis Juli 2007. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Sommer vergangenen Jahres ist die Umlaufrendite wieder auf zuletzt 4,07 Prozent gesunken. Ob sich dies wirklich negativ auswirkt, werden die Kunden jedoch erst Ende 2008 erfahren. Dann geben die Lebensversicherer bekannt, wie sie 2009 die Verträge verzinsen werden.

Was ist mit fondsgebundenen Policen?

Von den 93,9 Millionen Lebensversicherungsverträgen sind nach Angaben des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft bereits 11,7 Millionen fondsgebundene Policen. Vor allem im Neugeschäft werden diese Verträge gerne verkauft, nicht zuletzt wegen der eher hohen Kosten, von denen die Versicherungsgesellschaften profitieren. "Die Versicherer können bei den Fondspolicen jedes Jahr von der Fondsgesellschaft sogenannte Kickbacks als Bestandsprovisionen kassieren", sagt Arno Gottschalk, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen.

Hinzu kommt: Das Risiko bei der Anlage wird in der Regel auf den Kunden verlagert. Laufen die Fonds schlecht, in die das Geld des Versicherten fließt, trifft dies den Kunden. Umgekehrt kann er oder sie auch von hohen Kursgewinnen in den Fonds profitieren.

Die jüngsten Kursverluste an den Aktienmärkten werden deshalb bei den Fondspolicen zumindest zu vorübergehenden Einbußen führen. "Vielen Kunden wird beim Verkaufsgespräch das Blaue vom Himmel versprochen", sagt Gottschalk. "Sie werden jetzt schmerzlich spüren, welches Risiko sie eingegangen sind."

© SZ vom 19.9.2008/kim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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