Josef Ackermann:Ein Koffer in Frankfurt

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Im Machtkampf um die Führung bei der Deutschen Bank wird hinter den Kulissen heftig gerungen. Vieles deutet darauf hin, dass Bank-Chef Josef Ackermann nun doch in den Aufsichtsrat wechselt - der Balance wegen.

Harald Freiberger, Frankfurt

Bei der Deutschen Bank zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Vorstandschef Josef Ackermann künftig in den Aufsichtsrat geht. Eine Woche vor der entscheidenden Sitzung des Kontrollgremiums formieren sich sowohl auf der Arbeitnehmer- als auch auf der Kapitalseite die Mehrheiten für eine solche Lösung. "Es gibt keine großen Widerstände mehr dagegen", erfuhr die SZ aus Aufsichtsratskreisen.

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Der lange Führungsstreit ist vorerst entschieden: Anshu Jain und Jürgen Fitschen bilden von 2012 an die neue Doppelspitze der Bank. Und Josef Ackermann? Für den gibt es auch noch einen Posten. Eine Chronologie der Macht in Deutschlands wichtigstem Finanzinstitut.

Von Johannes Aumüller und Johanna Fulda

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Ackermann könnte im Kontrollgremium sicherstellen, dass das sensible Gleichgewicht der Kräfte bei der Deutschen Bank erhalten bleibt. Bisher läuft es auf eine Doppelspitze mit dem Londoner Investmentbanking-Chef Anshu Jain und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen hinaus. Diesen Vorschlag machte Aufsichtsratschef Clemens Börsig dem dreiköpfigen Nominierungsausschuss; Börsig ist für die Suche nach einem Ackermann-Nachfolger formell zuständig. Mittlerweile liegt der Vorschlag beim Präsidialausschuss, in dem auch zwei Vertreter der Arbeitnehmerseite sitzen. Hinter den Kulissen beraten derzeit beide Seiten über ihre Haltung zu der Doppelspitze. Dabei setzt sich immer mehr die Ansicht durch, die Doppelspitze wäre leichter durchzusetzen, wenn Ackermann an Bord bliebe.

Vor allem die Arbeitnehmerseite ist in Sorge, dass die Londoner Investmentsparte ein zu großes Übergewicht bekommen könnte", heißt es in Unternehmenskreisen. Fitschen, der das Gegengewicht zu Jain bilden soll, ist mit 62 Jahren kaum jünger als Ackermann. Wenn Fitschen in zwei oder drei Jahren ginge, könnte ein Vakuum auf deutscher Seite entstehen. Ackermann hat die Bank nach der Finanzkrise so ausgerichtet, dass das Kräfteverhältnis zwischen dem Investmentbanking und dem deutschen Firmen- und Privatkundengeschäft ausbalanciert ist. Mit seinem Gewicht würde er im Kontrollgremium sicherstellen, dass das auch künftig so bleibt. "Er könnte zum Beispiel dafür sorgen, dass für Fitschen ein adäquater Nachfolger aufgebaut wird und nicht Jain nach zwei Jahren allein an der Spitze steht", heißt es.

Als einziges Aufsichtsratsmitglied hat sich bisher Marlehn Thieme öffentlich geäußert. Sie vertritt die leitenden Angestellten. "Ich habe Herrn Dr. Ackermann gebeten - im Auftrag vieler leitender Angestellter der Bank - sich zu gegebener Zeit in den Aufsichtsrat wählen zu lassen, damit seine Kompetenz und diese Vernetzung für unser Haus erhalten bleiben", sagte sie. Der Vorstandschef habe sich dazu ihr gegenüber "nicht definitiv ablehnend geäußert".

Nach SZ-Informationen standen bisher besonders die vier Mitglieder der Gewerkschaft Verdi auf der zehnköpfigen Arbeitnehmerbank einem unmittelbaren Wechsel Ackermanns in den Aufsichtsrat skeptisch gegenüber. Hauptgrund war für sie ein Verstoß gegen die Prinzipien guter Unternehmensführung. Der Corporate Governance Kodex empfiehlt für ausscheidende Vorstände eine zweijährige "Abkühlungsphase", bevor sie in den Aufsichtsrat wechseln. In Ausnahmefällen aber lässt das Aktiengesetz den unmittelbaren Wechsel zu, wenn 25 Prozent der Hauptversammlung zustimmen. Die Bedenken der Verdi-Vertreter sollen inzwischen nicht mehr grundsätzlicher Natur sein. Wenn das Gesamtpaket stimme, würden die Mitglieder gegen eine Lösung mit Ackermann im Aufsichtsrat kein Veto einlegen. Von Ackermann heißt es, dass seine Lebensplanung zwar eine andere war; er habe sich darauf eingestellt, spätestens 2013, wenn sein Vertrag endet, nach Zürich zu gehen. Wenn man ihn jedoch von allen Seiten bekniee, bei der Deutschen Bank zu bleiben, würde er sich wohl umstimmen lassen und einen Koffer in Frankfurt behalten.

Die entscheidende Frage ist, ob Ackermann als einfaches Mitglied in das Kontrollgremium gehen soll oder gleich dessen Vorsitz übernimmt. Da das Verhältnis zu Börsig zerrüttet ist, ist es schwer vorstellbar, dass er sich diesem unterordnet. Für die Lösung müsste Börsig, dessen Vertrag ebenfalls bis 2013 läuft, also vorzeitig gehen. Sollte er sich stur stellen, könnte alles noch scheitern. Wenn nicht, sieht die wahrscheinlichste Lösung so aus: Die nächste Hauptversammlung beschließt, dass ab Mai 2012 Ackermann den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt, Jain und Fitschen werden seine Nachfolger an der Spitze des Vorstands.

© SZ vom 19.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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