Das Wort war fast drei Jahre lang aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Nun taucht es immer häufiger auf, und es weckt Erinnerungen an trübe Zeiten. Das Wort lautet "Interbankenhandel". Wenn es Probleme im Interbankenhandel gibt, heißt das, dass sich die Banken untereinander kein Geld mehr leihen, so wie es nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 der Fall war. Es gibt allerdings einen Unterschied zu damals: Die Notenbanken sind heute auf den Fall besser vorbereitet und stellen den Geschäftsbanken unbegrenzt Geld zur Verfügung.
Das Frankfurter Bankenviertel: Viele Geldhäuser misstrauen einander.
(Foto: AP)Wie ernst ist die Lage?
Jürgen Stark, Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), äußerte sich am Montag ungewöhnlich deutlich: "Banken in bestimmten Regionen des Euro-Gebiets bevorzugen es, ihre überschüssige Liquidität bei der EZB zu deponieren, anstatt sie an andere Banken auszuleihen. Dieses Signal nehmen wir ernst", sagte er dem Handelsblatt. Ende vergangener Woche hatten die Banken 90 Milliarden Euro bei der EZB eingelagert, vor zwei Wochen waren es sogar schon einmal 145 Milliarden Euro. Das war nicht mehr weit entfernt von der Zeit nach der Lehman-Pleite. Damals lagen zeitweise 200 Milliarden Euro bei der Zentralbank.
Was ist eigentlich Interbankenhandel?
Um ihre laufenden Geschäfte wahrzunehmen, brauchen die Banken einen täglichen Grundstock an Geld, auch Liquidität genannt. Nur dann können sie neue Kredite ausgeben oder Geld auszahlen, das Sparer abheben wollen. Ein gängiger Weg, Liquidität zu schaffen, ist es, Geld von Sparern in die Bank zu holen. Das ist besonders bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken weit verbreitet, sie haben deshalb kaum Probleme mit der Liquidität.
Institute, die keine so große Basis an Privatkunden haben, müssen andere Wege finden, um an Geld zu kommen. Einer davon ist es, eigene Anleihen herauszugeben, ein anderer, sich das Geld von anderen Banken zu leihen. In jedem Institut gibt es Spezialisten, die dafür zuständig sind. Sie sind in Kontakt mit den jeweiligen Fachleuten anderer Banken und handeln untereinander die Konditionen aus, zu denen sie bereit sind, gegenseitig Geld zu leihen und verleihen.
Wie läuft der Handel ab?
Beispiel: Eine Bank braucht kurzfristig 500 Millionen Euro Liquidität. Sie ruft bei einer anderen Bank an und fragt, ob diese bereit ist, ihr das Geld zur Verfügung zu stellen. Oft wird es nur über Nacht geliehen. Die Konditionen legt jede Bank selbst fest. Grundlage für ihre Entscheidung ist, wie sie die Lage der Bank einschätzt, mit der sie das Geschäft macht. "Im Grunde bewerten die Banken gegenseitig ihre Kreditwürdigkeit wie Ratingagenturen", sagt Martin Faust, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management.