Kulterer in Untersuchungshaft:150.000 Euro für den Detektiv

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Etliche Stunden wurde der ehemalige Chef der Hypo Alpe Adria verhört. Jetzt sitzt er in Untersuchungshaft. Vielleicht hätte er ahnen können, was ihm droht.

Klaus Ott und Hans Leyendecker

Jede Affäre hat ihr Gesicht. Das Gesicht des Skandals, der mit den Namen des Klagenfurter Geldhauses Hypo Alpe Adria (HAA) und der Bayerischen Landesbank verbunden wird, ist das des Finanzhändlers Wolfgang Kulterer, der in seiner Kärntner Heimat eine Berühmtheit ist. Am Freitag wurde der 56-Jährige, der viele Jahre ein Vertrauter von Landeshauptmann Jörg Haider war, festgenommen. Viele Stunden wurde er verhört. In der Nacht zum Sonntag wurde er in das Untersuchungsgefängnis Klagenfurt gebracht. Dort wird er vorerst bleiben: Der zuständige Richter entschied am Sonntag, dass er wegen "Flucht- und Verdunkelungs- sowie Tatbegehungsgefahr" vorerst hinter Gittern bleibt.

Wolfgang Kulterer war Chef der Hypo Alpe Adria - jetzt sitzt er in Untersuchungshaft. (Foto: REUTERS)

Die Entscheidung ist ein Signal - dass auch die österreichische Justiz es nun ernst meint. Sogar ein Wiener Verfassungsgerichtshofpräsident hatte ihr neulich vorgeworfen, im "Ergebnis nicht effektiv genug" zu arbeiten. Diese These gilt für die Sonderkommission des österreichischen Bundeskriminalamts nicht, die den Bankenfall bearbeitet. Die für ihre Hartnäckigkeit bekannten Münchner Ermittler, die auf deutscher Seite den Fall aufrollen, loben die Zusammenarbeit mit den Kollegen und auch deren Professionalität.

Kulterer hätte vielleicht ahnen können, was ihm droht. In den vergangenen Monaten war der einstige HAA-Vorstandschef, der seit Jahren als Geschäftsmann in London arbeitet und auch Vorstand der Flick-Stiftung ist, schon dreimal vernommen worden. Es geht um den Verdacht der Untreue, um mutmaßliche kriminelle Geschäfte auf dem Balkan, um die Umstände beim Verkauf der Hypo Alpe Adria vor drei Jahren an Bayerns Landesbank - und auch um verdeckte Konten. Das Land Kärnten war Hauptaktionär der HAA, bevor dort die Münchner die Regie übernahmen. Das Geldhaus diente dem Größenwahn Haiders und war seine Schatulle für politische Inszenierungen aller Art. Haider liebte Projekte, mit denen er glänzen konnte, und Kulterer hat ihm dabei zeitweise geholfen. Haider wiederum war der Türöffner der Bank auf dem Balkan und galt als Förderer des Bankenchefs, der aus dem Provinzinstitut ein glänzendes internationales Geldhaus machen wollte.

Das besondere Interesse der Befrager von Kulterer soll insbesondere zwei Aspekten gegolten haben: Es ging um einen Kredit in Höhe von 150.000 Euro für einen Privatdetektiv, der für Haider Spezialaufträge erledigt hatte und klamm war, sowie um einen Kredit über zwei Millionen Euro für die Fluglinie Styrian Airways: "Kulterer hat gemeint, da werde man in den sauren Apfel beißen müssen und allenfalls blanco vergeben", notierte ein Sachbearbeiter der Bank bei einem Vermerk zu diesem Kredit.

Erhalten geblieben ist eine Mail Haiders vom 18. Juli 2005 an Kulterer, die mit der Anrede "Lieber Wolfgang" beginnt. Der Landeshauptmann bat "bezugnehmend auf unsere Vereinbarungen", der Fluglinie einen "Kontokorrentrahmen von zwei Millionen Euro so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen". Die Bitte um "diesbezügliche Veranlassung" war ein Befehl. Die Fluglinie, für die Haider aus dem Steuertopf des Landes weitere drei Millionen Euro zuschoss, machte später eine wirtschaftliche Bruchlandung. Kulterer soll bei seinen Vernehmungen am Freitag und Samstag die Umstände dieser Transfers geschildert haben. Aus Sicht der Ermittler sollen die Bereiche "Detektiv" und "Styrian Airways" jetzt geklärt sein. Kulterer muss mit einer Anklage rechnen. Wenn er Glück hat, belohnt der Ermittlungsrichter seine Erzählfreude.

© SZ vom 16.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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