HRE-Untersuchungsausschuss:Krise? Nicht bemerkt!

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Keiner will es gewusst haben: Für Ex-Finanzstaatssekretär Thomas Mirow kam die Beinahe-Pleite der Hypo Real Estate überraschend - sie sei nicht absehbar gewesen. Ackermann hält die Rettung für richtig.

Die Pleite stand schon im Raum: Zur Rettung der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) hat es nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann keine Alternative gegeben.

Thomas Mirow war Staatssekretär im Finanzministerium wenige Monate bevor die Hypo Real Estate knapp am Zusammenbruch vorbeischlitterte. Die Beinahe-Pleite sei nicht absehbar gewesen, betonte Mirow vor dem Untersuchungsausschuss. (Foto: Foto: Getty Images)

Ein Zusammenbruch der HRE im Herbst 2008 hätte Verwerfungen auf den Finanzmärkten weit über Deutschland hinaus bedeutet, sagte Ackermann im Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den Vorgängen um die Immobilienbank. Er bekräftigte, dass die Banken allein die HRE nicht hätten retten können.

Das Unheil, das mit der Rettung ausgebadet wurde, kam offenbar heimlich: Die Krise bei der HRE war nach Angaben des früheren Finanzstaatssekretärs Thomas Mirow Anfang 2008 im Ministerium nicht absehbar. Die Finanzaufsicht der Bafin habe keine entsprechenden Hinweise gegeben, sagte Mirow in dem parlamentarischen Gremium.

Zwar sei bekannt gewesen, dass die irische HRE-Tochter Depfa es mit ihrem Geschäftsmodell wegen der damaligen Entwicklung auf den Finanzmärkten schwer haben werde. Jedoch hätten sich die Finanzkennzahlen im Laufe des Frühjahres sogar verbessert, sagte Mirow, der bis Juni 2008 Staatssekretär war.

Zu speziell für Szenarien

Die Opposition warf dem Finanzministerium vor, keine Krisenszenarien entwickelt zu haben. Mirow entgegnete, Szenarien seien nicht möglich, da jede Situation auf dem Finanzmarkt speziell sei. Zudem habe die Gefahr bestanden, dass die Szenarien öffentlich geworden wären und sie die Finanzmärkte beeinflusst hätten.

Auch der jetzige HRE-Chef Axel Wieandt, zweiter Zeuge in der Ausschusssitzung, entlastete die Regierung: Er nannte als Auslöser der Krise die Pleite der US-Investmentbank im September 2008.

Wieandt, der nach Ablösung des alten Managements im Oktober 2008 die Führung bei der HRE übernahm, zeichnete das Bild einer Bank, die ihr Liquiditätsmanagement nicht vollständig im Griff gehabt habe. Die technischen Möglichkeiten hätten nicht ausgereicht, um die notwendigen Analysen für das Institut zu machen.

Die HRE war im September 2008 an den Rand des finanziellen Zusammenbruchs geraten. Ausgelöst wurde die Situation durch die irische Tochter Depfa, die kurzfristig nicht genügend Mittel am Geldmarkt für das Tagesgeschäft leihen konnte.

Die HRE wurde dann mit mehr als 100 Milliarden Euro gerettet. Heute ist sie fast vollständig in Bundeshand. Der Untersuchungsausschuss will die Vorgänge rund um den Beinahe-Zusammenbruch klären.

© sueddeutsche.de/dpa/kfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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