Hamburg:Hoch hinaus

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Noch gibt es ihn nur im Computer: Visualisierung des Elbtowers nahe der Elbbrücken. (Foto: Signa_Chipperfield/HafenCity Hamburg GmbH/dpa)

Die Hansestadt bekommt ein weiteres spektakuläres Gebäude: Karstadt-Eigner René Benko lässt in der Hafencity den Elbtower errichten. Wohnungen soll es in dem neuen, komplett privat finanzierten Hochhaus aber nicht geben.

Von Sabine Richter

Hamburgs jüngster Stadtteil Hafencity bekommt einen weiteren spektakulären Hingucker: den Elbtower, mit 235 Metern Höhe Hamburgs erster Wolkenkratzer, mindestens 700 Millionen Euro teuer und in prominenter Lage. Nur ein Jahr nach der ersten Ankündigung für Hamburgs Hochhauspläne an den Elbbrücken hat die Stadt die Entscheidung für den Bau getroffen. Die Signa-Gruppe des österreichischen Karstadt-Eigners René Benko hat das Rennen um den Bau des Hochhauses gemacht. Der Entwurf des Berliner Büros David Chipperfield Architects, das auch für das Nobel Center in Stockholm, das Hochhaus The Bryant in New York und das Empire Riverside Hotel in Hamburg verantwortlich zeichnete, überzeugte eine Jury aus Architekten, Städtebauern und Immobilienfachleuten.

Die Stadt forderte eine besondere Architektur, die internationalen Maßstäben gerecht wird

Der Bauherr plant ein Gebäude mit mehr als 100 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche. Den Schwerpunkt bilden Büros; der Turm soll auf einem dreieckigen Sockelbau mit vier bis fünf Geschossen stehen. Als weitere Nutzungen sind Entertainmentflächen, Einzelhandel sowie Gastronomie, Hotel, Boarding House, Fitness- und Wellnessbereiche, Kinderland und Coworking-Flächen vorgesehen.

Wegen der hohen Lärmbelastung am Standort plant Signa keine Wohnungen. Sozialer und kommunikativer Treffpunkt des Gebäudes werde ein tagesbelichtetes, überdachtes Atrium sein. "Als Architekten sind wir uns zunehmend bewusst, dass die Stadt abhängig von der Qualität privater Bauprojekte ist", erklärte Architekt David Chipperfield. Baubeginn könnte 2020 oder 2021 sein. In fünf bis sechs Jahren kann das dritthöchste Hochhaus Deutschlands, über das allerdings noch die Bürgerschaft, das Hamburger Parlament, entscheiden muss, fertig sein.

Der architektonische Solitär soll eine Art markanter Schlussstein für die Hafencity werden, an der seit mehr als 20 Jahren gebaut wird. Deshalb hatte die Stadt besondere Qualitäten gefordert: eine herausragende, einzigartige Architektur, die internationalen Maßstäben gerecht wird. Der Elbtower solle nicht nur einzigartig sein, sondern auch der einzige Wolkenkratzer in Hamburg bleiben, wie Bürgermeister Olaf Scholz betonte. Das Hochhaus wird auf einem 12 000 Quadratmeter großen Grundstück am östlichen Ende der Hafencity stehen, die als gefühltes Eingangstor zu Hamburg wahrgenommen werde. Nur hier könne Hamburg in die Höhe wachsen, ohne das historische Stadtbild und die traditionelle Stadtsilhouette der Kirchtürme zu beeinträchtigen.

Die Signa-Gruppe gehört zu den größten Immobilien-AGs Europas mit einem Portfolio von 8,5 Milliarden Euro. Dazu zählen das KaDeWe in Berlin und das Hamburger Alsterhaus. "Wir haben uns für einen Investor mit einer hohen Bonität entschieden", hob denn auch Bürgermeister Scholz hervor, damit die Stadt nicht wieder Schiffbruch mit einem Investor erleiden werde. Geschehen war dies beim Überseequartier, einem Teil der Hafencity, dessen Fertigstellung sich auch vor dem Hintergrund der Finanzkrise um Jahre verzögert hatte. Bei der öffentlichen Vorstellung der Hochhauspläne wurde auch betont, dass sich die Stadt Hamburg nicht an dem Großprojekt beteiligen werde, weder als Bauherr noch als Mieter. Kein öffentlicher Cent soll in das Projekt fließen. Die Überbetonung, dass hier ein rein privates Investment stattfindet, fußt auf den Erfahrungen mit dem Bau- und Planungschaos der steuerfinanzierten Elbphilharmonie - die Kosten für das Projekt stiegen von anfangs 77 auf letztlich knapp 800 Millionen Euro, die Bauzeit verlängerte sich um sieben Jahre, es war ein Desaster für die Politik.

Der grandiose Erfolg der Elbphilharmonie hat für Aufbruchstimmung gesorgt

Die Zeit für ein weiteres bedeutendes Projekt ist günstig, zumal die Bewerbung Hamburgs um die Olympischen Spiele gescheitert ist. Der grandiose Erfolg der Elbphilharmonie, über die vorher so lange diskutiert worden war, hat für Aufbruchstimmung in der Stadt gesorgt und Mut für ein neues Prestigeprojekt gemacht, das Hamburg international bekannter macht und die Außenwirkung der Hansestadt ein wenig annähert an die Eigenwahrnehmung der Hansestädter. Und zu einer europäischen Metropole gehört nach Meinung der Stadt ein Wolkenkratzer.

Zahlreiche Interessenten aus dem In- und Ausland hatten ihre Kaufpreisangebote nebst Finanzierungskonzept für das Grundstück abgegeben. Nach Ende der Ausschreibung am 15. September hatte die HafenCity GmbH eine Auswahl getroffen. Zuletzt im Rennen sollen neben Signa noch die Gerch Group aus Düsseldorf gewesen sein, die in Hamburg den Zuschlag für die Entwicklung eines neuen Quartiers in Altona erhalten hat, sowie der Baukonzern Hochtief mit Sitz in Essen. Zuvor waren auch Ludger Inholte Projektentwicklung und Tishman Speyer als Bieter gehandelt worden.

Mit dem Elbtower ist Signa-Gründer René Benko ein neuer Coup in Deutschland gelungen. Hierzulande machte der 1977 geborene Österreicher, der mit 17 Jahren erste Erfahrungen in einer Projektentwicklungsfirma sammelte, vor allem durch den Kauf der Warenhauskette Karstadt auf sich aufmerksam. 2017 hatte Benko mit dem Kaufmannshaus an der Großen Bleichen und den Alsterarkaden am Neuen Wall weitere bekannte Einzelhandels- und Gewerbeimmobilien in bester Hamburger Innenstadtlage erworben.

Die Idee, an den Elbbrücken, außerhalb des Einflussbereichs der historischen Hamburger Stadtsilhouette, einen auffälligen Eingang zur Hamburger Innenstadt zu schaffen, reicht in die Anfänge der Hafencity zurück. Mehr als 20 Jahre ist es her, dass der Architekt Volkwin Marg mit seiner "Prinzipskizze" erste Ideen für die Hafencity als Erweiterung der Hamburger Innenstadt an der Elbe entwarf: Als östlichen Abschluss des neuen Stadtviertels, zwischen die beiden Elbbrücken, hatte Marg zwei Hochhäuser platziert. Wenige Jahre später, 1999, schlugen im ersten städtebaulichen Wettbewerb für die Hafencity viele Entwürfe ebenfalls an diesem Standort Hochhäuser vor, und so wurde eine Hochhausbebauung in den Masterplan und in das städtebauliche Konzept aufgenommen. Diese Idee wurde später in den Planungen für die Bewerbung um die Olympischen Spiele immer wieder bestätigt.

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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