Griechenland am Abgrund:Köhler - Abrechnung mit dem Finanzkapitalismus

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Selbst am Elend der Griechen verdienen einige noch ziemlich kräftig: Bundespräsident Köhler attackiert die Profiteure der Athen-Krise - mit drastischen Worten.

Die Krisengeschichte Griechenlands ist auch eine Geschichte des Kampfes der Politik gegen die Finanzmärkte. Bundespräsident Horst Köhler hat die Politik nun dazu gedrängt, diesen Kampf entschiedener anzugehen. "Die Politik muss ihr Primat über die Finanzmärkte zurückgewinnen", sagte Köhler bei der Münchener Wirtschaftskonferenz.

Bundespräsident Horst Köhler wettert gegen die Gier der internationalen Finanzmärkte. (Foto: Foto: ddp)

Er forderte unter anderem ein völliges Verbot sogenannter Leergeschäfte an den Finanzplätzen. Zugleich warnte der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) davor, dass sich ohne eine straffe internationale Regulierung eine Finanzkrise jederzeit wiederholen könne.

Köhler warf der internationalen Finanzindustrie vor, mit unverantwortlichem Treiben und sogenannten Finanzinnovationen zwar ihre eigenen Gewinne in die Höhe getrieben zu haben, aber Risiken für alle anderen zu produzieren. "Die Gewinne haben wenige gemacht, die Verluste muss die Allgemeinheit tragen." Der vorherrschende Finanzkapitalismus könne kein Leitbild mehr sein, weil er vor allem auf Pump und Wetten aufbaue.

Verbot von Leerverkäufen

Vor allem Deutschland und Frankreich sollten gemeinsam Druck auf eine stärkere Regulierung machen. Zugleich forderte Köhler eine Stärkung der Euro-Gruppe. "Sie sollte dabei nicht davor zurückschrecken, einige Geschäftsarten schlicht zu verbieten, zum Beispiel ungedeckte Leergeschäfte oder Over-the-counter-Transaktionen mit riesiger Hebelwirkung."

Mit Blick auf die Griechenland-Krise forderte Köhler, Deutschland sollte auch aus eigenem Interesse seinen Beitrag zur Stabilisierung leisten. Die Lehre aus der Griechenland-Krise sei, dass eine bessere Koordinierung der nationalen Wirtschafts- und Finanzpolitiken nötig sei. Bereits vor zwei Jahren hatte der Bundespräsident die Finanzmärkte als Monster bezeichnet, das ganze Staaten und Gesellschaften destabilisiere.

Unter diesem Monster leidet Griechenland derzeit besonders - daher sollen nun Maßnahmen ergriffen werden, dass eine solche Krise nicht mehr vorkommen kann. Deshalb hat Jean-Claude Trichet, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB,) Deutschland aufgefordert, bei der nach dem Ende der Griechenland-Krise nötigen Reform der Währungsunion eine zentrale Rolle zu spielen. "Ich muss sagen, ich zähle besonders auf Deutschland", sagte Trichet.

Drastische Sparmaßnahmen

Zu den laufenden Verhandlungen zur Rettung Griechenlands in Athen wollte sich Trichet nicht konkret äußern. Er sagte dazu lediglich, er gehe davon aus, dass diese erfolgreich zu Ende gebracht würden. "Die Gespräche müssen zu einem ehrgeizigen und passgenauen, auf mehrere Jahre angelegten Programm führen."

Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds verhandeln seit zehn Tagen mit Athen über die Hilfen in Höhe von bis zu 45 Milliarden Euro alleine für dieses Jahr. Dabei geht es auch um drastische Sparmaßnahmen, die Griechenland umsetzen muss. Sie sollen Teil des Hilfspakets werden. Dabei geht es offenbar um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 21 Prozent um zwei bis vier Punkte und Gehaltskürzungen bei den staatlichen Bediensteten. Außerdem sei eine Erhöhung der Steuern um mindestens zehn Prozent auf Benzin, Tabak und Alkohol im Gespräch. "All diese Themen liegen derzeit auf dem Tisch", hieß es in den Kreisen.

Zur Bekämpfung des überbordenden Staatsdefizits hatte Griechenland jüngst erst die Mehrwertsteuer von 19 auf 21 Prozent und die Steuern auf Tabak und Spirituosen um etwa 20 Prozent angehoben. Außerdem wurden im öffentlichen Dienst das 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld) und das 14. Gehalt (Ferien- und Ostergeld) um 30 Prozent gekürzt.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/dpa/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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