Gesetzentwurf: Banken:Zerhackte Macht

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Konsequenzen aus der Krise: Banken in Schieflage können künftig zerschlagen werden, im Extremfall sogar ohne Zustimmung der Betroffenen.

Helga Einecke und Daniela Kuhr

Die Bundesregierung plant strenge Vorschriften für kriselnde Banken. Im Extremfall ist sogar eine hoheitlich angeordnete Zerschlagung möglich. Das geht aus einem Gesetzentwurf von Justiz- und Finanzministerium hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Nein, die Finanzkrise darf sich nicht wiederholen - darum soll jetzt durchgegriffen werden. Berlin will Banken - auf dem Bild die Skyline der Finanzmetropole Frankfurt am Main - notfalls zerschlagen. (Foto: ag.ap)

In der Finanzkrise musste der Staat Milliarden für die Rettung bedrohter Banken wie Hypo Real Estate (HRE), IKB oder Commerzbank aufwenden. Der Entwurf, der am Montag zur Abstimmung an die anderen Ministerien verschickt wurde, soll die Sanierung von in Schieflage geratenen Banken künftig erleichtern und die Steuerzahler vor weiteren Pleiten bewahren.

Geplant ist ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst soll ein gerichtlich eingesetzter Berater eine frühzeitige Sanierung befördern. Gelingt dies nicht, ist eine Reorganisation nach dem Vorbild des heute schon existierenden Insolvenzplanverfahrens geplant. Das Reorganisationsverfahren bezieht jedoch die Anteilseigner stärker ein. Damit zieht die Regierung die Lehren aus den Rettungsbemühungen rund um die HRE, die von einem privaten Großinvestor lange Zeit blockiert worden waren.

Hat die Reorganisation dennoch keinen Erfolg oder verweigern die Banken ihre Mitwirkung, darf die Bankenaufsicht künftig zu drastischen Maßnahmen greifen. "Notfalls auch ohne Zustimmung der Betroffenen", heißt es in der Gesetzesbegründung. Im Extremfall können "das Vermögen oder Teile des Vermögens einer systemrelevanten Bank" abgespalten und auf ein privates Institut übertragen werden. So weit solle es aber nur kommen, "wenn das erforderlich ist, um Gefahren für die Finanzmarktstabilität abzuwenden und keine anderen Handlungsmöglichkeiten bestehen".

Konzentration auf den gesunden Teil der Bank

Vorteil dieser staatlich angeordneten Zerschlagung sei, dass sich Stabilisierungsmaßnahmen dann allein auf den gesunden Teil der Bank konzentrieren könnten, "während die beim Alt-Institut verbleibenden nicht systemrelevanten Teile gegebenenfalls im Rahmen eines herkömmlichen Insolvenzverfahrens abgewickelt werden können".

Zudem will die Regierung einen Fonds errichten, aus dem künftige Rettungsmaßnahmen bezahlt werden. Gespeist werden soll er aus Beiträgen der Banken, wobei die Höhe danach gestaffelt ist, wie groß die Bank ist und welches Risiko ihre Pleite für das gesamte Finanzsystem darstellen würde. Das Finanzministerium schlägt vor, die Bankenabgabe auf höchstens 15 Prozent des Jahresgewinns des Kreditinstituts zu begrenzen.

Desweiteren sollen Manager von sämtlichen börsennotierten Unternehmen, also nicht nur von Banken, künftig leichter zur Verantwortung gezogen werden können. Dazu soll die bisherige fünfjährige Verjährungsfrist für Haftungsklagen auf zehn Jahre verlängert werden.

Unterdessen haben die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse-Coopers (PwC) hochgerechnet, dass bei deutschen Banken Kredite von 213 Milliarden Euro ausfallgefährdet sind. Das seien 50 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Bankmanager zum Rapport

Sorgen um die Anfälligkeit deutscher Banken machen sich auch die Bundesbank und die Finanzaufsicht Bafin. Bei einem Treffen am Mittwoch sollen die Banken über den Inhalt von Stresstests aufgeklärt werden. Außerdem wollen die Aufseher die Kreditinstitute und Landesbanken dazu überreden, diese Tests auch zu veröffentlichen. Bisher mussten nur die Deutsche Bank, die Commerzbank und die BayernLB ihre Ergebnisse zu einem europaweiten Stresstest liefern, der Ende Juli veröffentlicht werden soll.

Vorreiter der Transparenz-Offensive sind die Banken in Spanien und Österreich. Aus Kreisen der Bundesbank war zu hören, dass die Veröffentlichung nur Sinn mache, wenn gleichzeitig klar sei, wie die Banken an mehr Eigenkapital kämen, falls nötig.

Auch die von Notenbanken getragene Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sieht in einem Umbau des Finanzsektors den Schlüssel für weniger Krisen in der Zukunft. Die Banken müssten mehr Kapital und Liquidität vorhalten. Dies mache das Finanzsystem rasch widerstandsfähiger und gefährde auch nicht die Konjunktur. Damit kritisiert die BIZ indirekt die Beschlüsse der 20 größten Wirtschaftsnationen, die gerade auf ihrem Gipfel in Toronto die Fristen für die neuen Vorschriften für das höhere Eigenkapital der Banken sehr großzügig ausgelegt haben.

© SZ vom 29.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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