Dividendenstarke Aktien als Geldanlage:Was nach der Zinssenkung noch Rendite bringt

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Dividenen als Hoffnungswerte: Dax-Kurve in Frankfurt am Main im Handelssaal der Börse (Foto: dpa)

Sparkonten, Anleihen oder Lebensversicherungen werfen kaum noch Rendite ab, seit die EZB die Zinsen stark senkt. Letzte Hoffnung könnten Aktien mit hohen Dividenden sein.

Von Jan Willmroth, München

Es ist noch nicht lange her, da war endlich mal wieder eine symbolische Marke geknackt. Dax 10 000. Jubelstimmung an den Börsen. Rekord. So hoch stand der Index noch nie, nicht einmal vor der Finanzkrise. Was viele nicht wissen: Eigentlich hat der deutsche Leitindex im Juni keinen neuen Rekord erreicht, zumindest nicht der Kurs allein.

Das liegt an der Berechnungsmethode der Kurve, die jeden Abend verlässlich im Fernsehen zu sehen ist. Üblicherweise wird immer der sogenannte "Performance-Dax" gezeigt. Dabei wird so getan, als würden sämtliche Dividendenzahlungen der 30 größten deutschen Börsenunternehmen direkt wieder in neue Aktien gesteckt - regelmäßige Gewinnausschüttungen lassen den Index also zusätzlich steigen. Lässt man die außer Acht, steht der Dax derzeit sogar niedriger als 2007, dem letzten Boom-Jahr vor dem weltweiten Finanzkollaps. Was sofort deutlich macht: Ohne die Gewinnbeteiligung hätten Anleger im vergangenen Jahrzehnt kaum etwas an Aktien verdient.

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Die Suche nach renditeträchtigen Wertpapieren kann für Privatanleger derzeit ganz schön frustrierend sein - nach der erneuten Zinssenkung der EZB am Donnerstag dürfte es eher noch schlimmer werden. Tages- und Festgeldkonten bringen kaum etwas ein, Lebensversicherungen lohnen sich nur noch bedingt, die Zinsen auf zehnjährige Bundesanleihen fielen zuletzt sogar unter die Ein-Prozent-Marke. Wer dem deutschen Staat für zehn Jahre sein Geld leiht, bekommt also weniger als ein Hundertstel seines Darlehens pro Jahr als Dank. Wer das gleiche Geld in Anteile eines Dax-Unternehmens steckt, kann mit bis zu 4,7 Prozent Rendite pro Jahr rechnen, abgesehen von der Kursentwicklung. Das ist zwar auch die Prämie für das höhere Risiko - die ist momentan aber ungewöhnlich hoch. "Die Differenz zur Verzinsung von Bundesanleihen war seit den Fünfzigerjahren selten so groß", sagt Jan Erhardt, Fondsmanager bei DJE Kapital. Fast alle soliden Wertpapiere mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren seien inzwischen niedriger verzinst als der Durchschnitt der Aktien.

Es kann sich also lohnen, auf Aktien zu setzen, die eine ordentliche Dividendenrendite versprechen. Sie fällt umso höher aus, je niedriger der Kurs und je größer der Anteil des Gewinns ist, den ein Unternehmen an die Aktionäre ausschüttet. "Die Dividendenrendite ist als Auswahlkriterium für Aktien wichtiger geworden", sagt Erhardt. Und obwohl die Aktienmärkte seit einiger Zeit boomen, sank die durchschnittliche Dividendenrendite nur wenig.

Dabei profitieren Investoren nicht nur von der Gewinnbeteiligung. Die Vermögensverwalter Robert Arnott und Clifford Asness analysierten 2003 in einer Forschungsarbeit US-Börsendaten bis zurück ins 19. Jahrhundert und zeigten, dass hohe Gewinnausschüttungen in der Vergangenheit ein guter Indikator für höhere Gewinne in der Zukunft waren. Über zehnjährige Perioden hinweg war die durchschnittliche Zuwachsrate der Gewinne um 3,9 Prozentpunkte größer, wenn ein Unternehmen hohe Dividenden zahlte. Die BWL-Professoren Doron Nissim und Amir Ziv von der New Yorker Columbia Universität zeigen in einem Papier, dass Aktien von Unternehmen, die ihre Dividende erhöhten, in der Folge stärker im Preis gestiegen sind. Mehr noch: "Dividendenerhöhungen sind für mindestens vier Jahre nach der Änderung mit zukünftiger Profitabilität verbunden." Denn wenn Manager ihre Dividende erhöhen, tun sie das meist in der Erwartung steigender Gewinne.

SZ-Grafik (Foto: N/A)

In die gleiche Richtung weisen die Erkenntnisse der Forscher am Deutschen Institut für Portfoliostrategien, das jedes Jahr Prognosen zu den Ausschüttungen deutscher Börsenunternehmen veröffentlicht: Je zuverlässiger ein Konzern seine Dividende zahlt, desto besser entwickelt sich sein Aktienkurs. Eine hohe Dividende ist zudem eine Art Absicherung gegen sinkende Kurse, weil die Rendite proportional steigt, wenn eine Aktie fällt.

Wer sich traut, auf Aktien zu setzen, ist demnach mit Unternehmen, die ihre Aktionäre verlässlich mit Gewinnen beschenken, ganz gut beraten. Wichtiger als die Rendite ist aber, sich einen Konzern genau anzuschauen und das Geschäftsmodell zu hinterfragen - denn eine hohe Dividendenrendite kann auch mit einem aus gutem Grund gesunkenen Kurs zusammenhängen. So zählten Energieversorger wie Eon und RWE immer zu den zuverlässigsten Dividendenzahlern, haben angesichts der Energiewende aber Probleme, überhaupt noch Gewinn zu erwirtschaften. "Man findet in fast jeder Branche starke Dividendentitel", sagt Erhardt. Sogar Chiphersteller, deren Aktien mal als sehr konjunkturabhängig und anfällig für Schwankungen galten, seien inzwischen mögliche Kandidaten.

Aktienanleger sollten bei ihrer Entscheidung also lieber auf ein paar Prozentpunkte an Rendite verzichten, ihr Geld dafür aber auf möglichst viele verschiedene Branchen verteilen. Wichtig ist auch, dass ein Unternehmen nicht seinen gesamten Gewinn an die Aktionäre verteilt - sonst droht die Gefahr, dass es bei schrumpfenden Erträgen allzu schnell die Dividende kürzt oder sie aus seiner Substanz bezahlt.

Auf dem deutschen Aktienmarkt sind die Dividendenzahler bei Weitem in der Mehrzahl: Allein in den wichtigsten deutschen Indizes Dax, MDax, SDax und TecDax finden sich nur 24 Unternehmen, die ihre Eigentümer 2014 nicht belohnt haben.

© SZ vom 05.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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