Deutsche Bank: Hauptversammlung:"Radioaktivstes Institut in Deutschland"

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So nett, so friedlich: Deutsche-Bank-Chef Ackermann sonnt sich beim Aktionärstreffen in den guten Zahlen. Dafür stehen andere in der Konzernführung unter Beschuss.

Harald Freiberger

Freundlicher Applaus, lobende Aktionärsschützer und ein Josef Ackermann, der immer wieder lächelte: Die Hauptversammlung der Deutschen Bank gerät zur Jubelveranstaltung. Während Commerzbank-Chef Martin Blessing sich in der vergangenen Woche als Totalversager beschimpfen lassen musste, konnte sich der umstrittene Deutsche-Bank-Chef in seinen guten Zahlen sonnen.

Josef Ackermann: "Ehrlichkeit wird von uns erwartet." (Foto: ddp)

"Wir sagen das, was wir denken"

Die ersten Redner auf dem Aktionärstreffen begannen ihre Vorträge mit demselben Satz: "Ich gratulieren Ihnen zu Ihrem guten Ergebnis im Vorjahr." Da erzielte der deutsche Branchenprimus einen Überschuss von fünf Milliarden Euro, "und das in wahrlich schwierigen Zeiten", sagte Aktionärsschützer Klaus Nieding. Die Commerzbank habe ähnliche Zahlen vorgelegt, "aber leider mit einem anderen Vorzeichen". Ackermann nahm das ungerührt zur Kenntnis, nur Finanzvorstand Stefan Krause neben ihm konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Lediglich vereinzelt musste sich der Deutsche-Bank-Chef Kritik anhören. Nieding riet ihm, "etwas diplomatischer zu sein". Seine Zweifel daran, dass Griechenland langfristig seine Schulden zurückzahlen kann - Ackermann hatte das in einer Talkshow gesagt -, seien in der Sache zwar richtig, "aber vielleicht wäre es klüger, manchmal einfach nichts zu sagen".

Ackermann erwiderte darauf: "Wir sagen das, was wir denken, diese Ehrlichkeit wird auch von uns erwartet." Deshalb müsse es auch zulässig sein, sich zu überlegen, wie es in Griechenland weitergeht.

Gleich zu Beginn der Hauptversammlung gab es drei Anträge, Aufsichtsratschef Clemens Börsig als Leiter der Hauptversammlung abzuberufen. Sie stützten sich auf eine mündliche Einlassung des Oberlandesgerichts Frankfurt in einem laufenden Prozess. Danach könnte die Wahl Börsigs zum Aufsichtsratschefs 2008 wegen einer Formalie bei der Einladung zur Hauptversammlung nachträglich für ungültig erklärt werden. Da das aber noch nicht rechtskräftig ist, sah Börsig keinen Anlass, sein Amt niederzulegen.

"Charakterlich für sein Amt ungeeignet"

Zu Wort meldete sich auch der kritische Aktionär Michael Bohndorf. Das ist der Mann, den die Deutsche Bank 2006 bespitzeln ließ. Der Vorgang schlug im letzten Jahr hohe Wellen, weil Börsig in den Verdacht geriet, einen Detektiv auf Bohndorf angesetzt zu haben.

Er sei "charakterlich für sein Amt ungeeignet", warf Bohndorf Börsig vor, weil er statt dem Vorstand die Aktionäre kontrolliere. Untersuchungen einer Rechtsanwaltskanzlei, der Finanzaufsicht Bafin und der Staatsanwaltschaft ergaben allerdings keine Anhaltspunkte für eine Verwicklung von Börsig. Dafür mussten der Leiter der Konzernsicherheit und des Investor Relations gehen. Die Anträge, Börsig abzusetzen, bügelte die Hauptversammlung mit 99 Prozent ab.

Ein Aktionär forderte die Anwesenden auf, sich zu einer Schweigeminute für die Opfer der Finanzkrise zu erheben. Sein Vorschlag stieß aber auf wenig Resonanz: Nur vereinzelt erhoben sich Männer oder Frauen im Auditorium. Eine Frau geißelte "das skandalöse Verhalten der Deutschen Bank gegenüber den Anlegern", eine andere beschimpfte das Institut wegen der Finanzierung der Kernkraft als "radioaktivste Bank in Deutschland".

Ein Kritiker hatte einen Scheck vorbereitet, den Ackermann unterschrieben sollte. Er lautete auf fünf Milliarden Euro und sollte der Frankfurter Bürgermeisterin Petra Roth überreicht werden, damit sie "Kinderhorte finanzieren und Schlaglöcher ausbessern lassen kann". Doch wie viele andere eher skurrile Anträge hatte er keine Chance auf Durchsetzung. Ackermann machte auch keine Anstalten, den Scheck unterschreiben zu wollen. Er saß auf dem Podium und aß Wiener Würstchen.

Der einzige Antrag von Relevanz, dem die Hauptversammlung zustimmen sollte, war der zum neuen Vergütungsmodell für die Vorstände. Der Anteil des Fixgehalts soll künftig steigen, der variable Anteil sinken. Gleichzeitig soll die Auszahlung des variablen Anteils stärker vom nachhaltigen, langfristigen Erfolg der Deutschen Bank abhängen. Nichts deutet darauf hin, dass die - bis auf wenige Ausnahmen - friedlich gestimmten Aktionäre der Vorlage ihre Zustimmung verweigern werden.

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