Bundesversicherungsamt:Aufsicht dokumentiert Verschwendung bei Krankenkassen

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Das Gesundheitssystem ist milliardenschwer. Die Aufsicht fahndet, ob die Krankenkassen ihr Geld richtig ausgeben. Ein neuer Bericht zeigt Einzelfälle von Verschwendung auf. Doch es gibt auch systematische Fehler, die die Versicherten Geld kosten.

Wenn die Abteilung K hinter der unscheinbaren Fassade des Bonner Bundesversicherungsamts ihre Erkenntnisse zusammenträgt, ergibt sich ein aufschlussreiches Bild.

Verschwendung bei den gesetzlichen Krankenkassen: Das Bundesversicherungsamt kritisiert die Kassen in ihrem aktuellen Bericht - jedoch nur für Einzelfälle. (Foto: dpa)

Jetzt hat die Behörden den jüngsten Tätigkeitsbericht 2011 vorgelegt ( PDF). Er dokumentiert Verschwendung und Fehltritte der Kassen - die Unregelmäßigkeiten machen laut Aussage des Amts aber nur einen Bruchteil der Gesamtausgaben von 180 Milliarden Euro im Jahr aus. "Die Einzelfälle zeigen, dass eine gute Aufsicht wichtig ist", sagte ein Sprecher der Bonner Behörde. Drei Beispiele aus dem Bericht:

[] Auftragsvergabe unter Freunden

Eine Kasse ließ ihre Räume umfangreich sanieren. Sie beauftragte einen Elektrotechnik-Meister - doch ließ sie auch Sanitär- und Malerarbeiten machen, für die der Mann gar nicht zugelassen war. Dafür gehörte er dem Verwaltungsrat der Kasse an. Ergebnis: Beide Seiten müssen wegen der Ordnungswidrigkeit mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld rechnen.

[] Übertriebene Schnüffelei

Die Krankenkassen sind stets Betrügereien auf der Spur - doch schießen sie dabei offenbar auch übers Ziel hinaus. Weil ein Arbeitgeber eine Kasse darauf hinwies, dass eine entlassene und arbeitsunfähige Mitarbeiterin freiberuflich gearbeitet habe, ließ die Versicherung die Frau von Detektiven observieren. Die Kosten standen in keinem Verhältnis zu möglichen Einsparungen, so das Urteil der Aufsicht.

[] Üppige Büromiete

Für den Hauptsitz mietete eine Kasse 4152 Quadratmeter hochwertige Bürofläche an - und ließ das meiste davon leerstehen. Von 117 Arbeitsplätzen waren nur 40 belegt. Doch es kam noch dicker, wie die Prüfer feststellten: "Eine nachträglich zusätzlich angemietete Etage mit einer Größe von 633 Quadratmeter steht im Rohbau und unausgebaut leer." Gesamtkosten bei bestehender zehnjähriger Frist für den Mietvertrag: 13 Millionen Euro. Die Kasse ist inzwischen per Fusion in einer anderen Versicherung aufgegangen.

Systematische Fehler: Probleme mit der Statistik

Dieses zu große Büro ist ein besonderer Fall, aber die Aufsicht beklagt, dass viele Kassen oft zu hohe Mieten bezahlen. Das Amt stieß auf weitere Probleme im System. So muss die Aufsicht die Finanzen der Kassen insgesamt prüfen - doch wo Fehler in den Statistiken stecken, fällt dies schwer. Die Prüfer berichten von unvollständigen, nicht aktuell gepflegten oder fehlerhaften Grundlagen statistischer Programme. Gleich mehrere Fehlerquellen häuften sich zum Beispiel bei einem grundlegenden Zahlenwerk an - der Mitgliederstatistik. Die halbherzige Anwendung teilautomatisierter Verfahren bemängelt das Amt auch bei Statistiken zu den Leistungen der Kassen.

Besonders genau nehmen es manche Kassen dagegen bei anderen Unterlagen - denn da geht es um bares Geld. Stichwort: Codierung. Hierbei ordnen Ärzte und Kliniken den Patienten Diagnosen aus einer Liste zu. Bei 80 bestimmten Krankheiten winken der jeweiligen Kasse Zuschläge aus dem Gesundheitsfonds. Mehrere Kassen traten aber an Ärzte und Kliniken heran, um nachträglich lukrativere Diagnosen als ursprünglich angegeben zu erreichen.

Eine Kasse forderte einen Arzt sogar auf, ihr Diagnosen direkt zu melden, ohne den Standardweg über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung. Datenschutzrechtlich, so der klare Hinweis der Bonner Behörde, ist das aber gar nicht zulässig.

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