Bespitzelung bei der Deutschen Bank:Jetzt ermittelt der Staatsanwalt

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Wanzenattrappen im Blumenstrauß: Die Datenaffäre bei der Deutschen Bank beschäftigt ab sofort auch die Justiz.

Klaus Ott und Markus Zydra

Die Spitzelaffäre bei der Deutschen Bank ist jetzt auch ein Fall für die Justiz. Der hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch schaltete am Dienstag die hessische Generalstaatsanwaltschaft ein. Das teilte Ronellenfitsch dem Münchner Anwalt und CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler mit, dessen Kanzlei Bub Gauweiler den Münchner Medienunternehmer Leo Kirch vertritt. Auch Personen aus dem Umfeld von Kirch, der mit der Deutschen Bank seit Jahren um Schadenersatz in Milliardenhöhe streitet, sollen ausspioniert worden sein. Ronellenfitsch und Generalstaatsanwalt Hans-Josef Blumensatt waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Ein Datenleck bei Deutschlands größtem Privatinstitut? Nach der Bafin ist nun auch die Justiz alarmiert. (Foto: Foto: ddp)

Die Deutsche Bank hatte vor zehn Tagen mitgeteilt, dass die Abteilung Konzernsicherheit möglicherweise gegen rechtliche Vorgaben verstoßen habe. Wie es hieß, soll IT-Vorstandschef Hermann-Josef Lamberti überwacht worden sein. Auch ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und ein Aktionärsvertreter seien bespitzelt worden. Die Deutsche Bank hatte zuerst die Finanzaufsichtsbehörde Bafin und dann auch das Regierungspräsidium Darmstadt, nicht aber die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Das Institut wollte die Einschaltung der Staatsanwaltschaft nicht kommentieren.

Frist für "lückenlosen Überblick"

Die möglicherweise illegalen Überwachungsmaßnahmen sollen im Jahr 2006 und früher durchgeführt worden sein. Damals war der heutige Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig als Risikovorstand für die Abteilung Konzernsicherheit verantwortlich. Börsig wollte offenbar von Josef Ackermann den Vorstandsvorsitz übernehmen, was ihm intern aber nicht gelang. Seitdem tobt ein Machtkampf in der Bank.

Das Regierungspräsidium Darmstadt hat der Deutschen Bank unterdessen bis 10. Juni eine Frist gesetzt, innerhalb der das Institut einen "lückenlosen Überblick" zu der Bespitzelungsaffäre geben muss. Die Behörde hat dem Institut dazu einen umfassenden Fragenkatalog geschickt, wie ein Sprecher der Süddeutschen Zeitung bestätigte. Die Bank soll erläutern, welche Daten erhoben und welche Hilfsmittel eingesetzt wurden. Das Regierungspräsidium prüft datenschutzrechtliche Verstöße.

Die Kanzlei Bub Gauweiler hatte sich nach Bekanntwerden mutmaßlicher Spitzeleien im Umfeld von Kirch sogleich an den hessischen Datenschutzbeauftragten Ronellenfitsch und den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar gewandt. Es sei zu befürchten, schrieb die Kanzlei, dass Kirch und dessen Anwälte das Ziel von Spitzeleien geworden seien. Kirch wirft dem Finanzinstitut vor, an der Pleite seines Film- und Fernsehimperiums vor sieben Jahren schuld gewesen zu sein, die Deutsche Bank weist das zurück. Der Streit ist bei Gericht anhängig.

Die vielen ungeklärten Fragen über Motive und Hintergründe der Spitzelaffäre führen zu immer neuen Spekulationen. So berichtete die FTD, dass es sich angeblich gar nicht um illegale Spitzelaktionen gehandelt habe, sondern um ganz normale Sicherheitstests. Am Privatauto von Lamberti sei ein GPS-Sender montiert, und ein anderes Mal ein mit Wanzenattrappen gespickter Blumenstrauß an die Privatadresse Lambertis geschickt worden. So sollten Schwachstellen der Personensicherheit aufgedeckt werden. "Das klingt ziemlich hanebüchen", sagt Frank Romeike, früher als Risikovorstand für IBM Central Europe verantwortlich. "Es gibt bessere Abhörmethoden als Wanzen." Zudem würden diese so genannten Penetrationstests auf ganz andere Dinge abzielen. "Normalerweise besorgt sich die Konzernsicherheit externe Hacker, die versuchen, das IT-System zu knacken."

© SZ vom 03.06.2009/lauc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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