Stromanbieter-Wechsel:Grün und doch nicht öko

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Strom und Gas werden teurer. Verbraucherschützer raten, den Anbieter zu wechseln. Wer Ökostrom will, muss aber aufpassen: Manchmal steckt Atomstrom hinter angeblich grünen Tarifen.

Charlotte Theile

Bis zu 238 Euro mehr pro Jahr - die Preiserhöhungen der Energieversorger zum April und Mai 2011 werden die Tarife für Strom und Gas noch einmal deutlich verteuern. Nach einer Erhebung des Vergleichsportals Check24 erhöhen 80 Strom- und Gasversorger in den kommenden Wochen die Beiträge.

Die Energiepreise in Deutschland steigen, weil die Konzerne die Abgaben für den Ökostrom an die Verbraucher weitergeben. Behaupten sie. (Foto: dapd)

Dabei steigen die Strompreise um bis zu 14 Prozent, die Gasversorgung wird bis zu 20 Prozent teurer. Im nordrhein-westfälischen Euskirchen trifft es die Verbraucher am härtesten: Dort wird die Grundversorgung mit Gas jährlich 238 Euro mehr kosten. Im Durchschnitt werden die Strompreise um 79 Euro, die Gaspreise sogar um 89 Euro steigen.

Damit reagieren die Konzerne jedoch nicht auf die Ereignisse in Japan und Libyen, die die Preise für Energie in Zukunft in die Höhe treiben dürften. Als Grund für die zum Teil erheblichen Gaspreiserhöhungen weisen die Versorger auf die gestiegenen Einkaufspreise in Abhängigkeit vom ebenfalls gestiegenen Ölpreis hin. Da die Verträge zur Gaslieferung jedoch langfristig bestimmt werden, müssen die Verbraucher noch nicht für die Auswirkungen der Libyen-Krise bezahlen.

Den Anstieg der Stromkosten führen die Unternehmen auf die ab 2011 geltende erhöhte Abgabe für Ökostrom zurück. Pro Kilowattstunde muss nun deutlich mehr für die Förderung erneuerbarer Energien bezahlt werden - diese Zusatzkosten wurden an die Verbraucher weitergegeben. Die meisten Unternehmen haben die Preise direkt zum Jahresbeginn erhöht, andere ziehen jetzt nach.

Die späte Preisanpassung sei eigentlich zum Vorteil der Kunden, so Thorsten Kasper, Energie-Referent des Bundesverbands Verbraucherzentrale. Dennoch könnten Konsumenten die aktuelle Teuerung zum Anlass für einen Anbieter-Wechsel nehmen. Besonders kompliziert sei das nämlich nicht.

Kostenlose Tarifrechner im Internet

Im Internet kann der günstigste Tarif einfach ermittelt werden. Der Kunde muss lediglich seine Postleitzahl in einen Tarifrechner eingeben, schon wird der billigste verfügbare Beitrag angezeigt. Vergleichsportale wie Toptarif, Verivox oder Check24 stellen ihre Dienste kostenlos zur Verfügung.

Allerdings rät Kasper den Verbrauchern, einen individuellen Filter anzulegen, der die Portale passgenau nach dem individuellen Jahresverbrauch und den eigenen Wünschen durchforstet. Dabei sollte man zum Beispiel Wert auf Laufzeiten und Kündigungsfristen der Tarife legen. Außerdem ist es wichtig, sich zuvor über die Kündigungsfrist des bisherigen Vertrags zu informieren.

Angebote, die Vorauskasse, Kautionszahlungen oder Paketverkäufe von Kilowattstunden enthalten, seien, so Verbraucherschützer Kasper, mit Vorsicht zu genießen, da hier versteckte Kosten enthalten sein könnten. Der Filter ermögliche es zudem, Tarife auszuwählen, die den derzeit besonders gefragten Ökostrom liefern. Die Kündigung des alten Vertrages übernimmt per Ermächtigung der neue Anbieter.

Katastrophe in Japan steigert Nachfrage beim Ökostrom

Die Möglichkeit, den Energieversorger zu wechseln, haben nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft erst wenige Kunden genutzt. Nur zwölf Prozent hatten sich bis 2010 für eine andere Gasfirma entschieden. Über 70 Prozent der Verbraucher blieben bei ihrem Stromversorger.

Dies könnte sich jetzt ändern. Angesichts der Katastrophe in Japan ist die Nachfrage nach Ökostrom sprunghaft angestiegen. Die Verbraucher machen ihre Entscheidung weniger von den Preisen abhängig, als bisher vermutet.

Doch nicht jeder Ökostrom-Tarif hält, was er verspricht: Wie Verbraucherschützer melden, können Stromversorger ihren Kohle- oder Atomstrom gegen Strom aus Wasserkraft eintauschen. Dieser umetikettierte Strom wird dann als umweltfreundlich verkauft, obwohl er auf Kohle- oder Atomstrom zurückgeht. Gerade "Ökotarife" sollten daher vor dem Wechsel genau geprüft werden.

© SZ vom 23.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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