Obdachlosigkeit:Verbände fordern bessere Bedingungen für Unterbringung

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Helfer sind mit den Wärmebus vom Deutschen Roten Kreuz unterwegs und sprechen mit zwei Obdachlosen. (Foto: Christophe Gateau/dpa/Archivbild)

Im Winter gibt es für Obdachlose in Berlin spezielle Notunterkünfte. Die Zustände sind aus Sicht von Wohlfahrtsverbänden oft schlecht. Doch das ist nicht das einzige Problem.

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Berlin (dpa/bb) - Mit festen Mahlzeiten und einem warmen Schlafplatz wollen die Einrichtungen der Berliner Kältehilfe Obdachlose im Winter von der Straße holen. Doch das System ist in dieser Saison erneut an seine Grenzen gestoßen, wie Wohlfahrtsverbände beklagen. Es fehlten nicht nur geeignete Einrichtungen, auch lasse die Qualität bestehender Unterkünfte oft zu wünschen übrig, sagte Diakonie-Vorständin Andrea Asch für die Liga der Spitzenverbände bei einem Besuch einer Einrichtung in Wannsee am Montag. „Es gibt Einrichtungen, die haben keine Dusche“, sagte Asch. „Das ist im Kern nicht menschenwürdig.“ Ein weiteres Problem: Etliche Obdachlose säßen im Rollstuhl. Kältehilfeeinrichtungen seien aber in den wenigsten Fällen barrierefrei.

Zwischen Oktober und März, zum Teil auch noch im April, gibt es für Wohnungslose in Berlin zusätzliche Angebote wie Kältebusse, Notunterkünfte zum Übernachten und Essensausgaben. In den kalten Wintermonaten November bis März stehen für Übernachtungen mehr Plätze zur Verfügung.

Hohe Auslastung in Notunterkünften

Die Auslastung in den Unterkünften war diesen Winter hoch, wegen Platzmangels kam es immer wieder zu Überbelegungen, wie die Verbände in einer Mitteilung beklagen. Ende November musste eine Unterkunft den Angaben zufolge schließen, Mitte Dezember öffneten kurzfristig zwei Angebote, weshalb die Kapazitäten schwankten. Seit Jahresende sei das Angebot mit 1179 Plätzen in 39 Übernachtungsangeboten relativ stabil. Die Auslastung lag im Schnitt bei 89 Prozent. In der ersten Aprilhälfte bietet die Kältehilfe noch rund 1100 Übernachtungsplätze an, in der zweiten knapp 1000.

Eine der Unterkünfte liegt im Ortsteil Wannsee, in einer ruhigen Straße umgeben von Mehrfamilienhäusern, unweit vom See. Trotz der eher abgelegenen Lage sei die Unterkunft mit insgesamt 32 Plätzen eigentlich immer ausgebucht, sagte der Leiter der Koordinierungsstelle der Berliner Kältehilfe, Jens Aldag. Es gibt getrennte Schlafräume für Männer und Frauen, eine Kleiderkammer und einen großen Aufenthaltsraum für gemeinsame Mahlzeiten und DVD-Abende.

Einrichtungen hauptsächlich von Ehrenamtlichen betrieben

Ideal ist die Unterkunft nicht. Das Gebäude ist dem Bezirk zufolge sanierungsbedürftig, an den Wänden sind Spuren eines Wasserschadens zu sehen. Außerdem müssen die Übernachtungsgäste bereits früh am Morgen raus. Im Gegensatz zu den dauerhaften Obdachlosenunterkünften in Berlin sind die der Kältehilfe tagsüber geschlossen. Es gebe keine Sozialarbeit, die Versorgung werde ausschließlich von drei Ehrenamtlichen geleistet, erklärte Asch. Die Arbeit sei zum Teil überfordernd, wie ein Lehramtsstudent berichtete, der sich in Wannsee ehrenamtlich engagiert. Viele der Hilfesuchenden hätten psychische Probleme. Asch sagte, die Unterbringung sei auf „niedrigstem Niveau“.

Vier Unterkünfte könnten wegfallen

Nächsten Winter könnten Aldag zufolge vier Unterkünfte der Kältehilfe wegfallen. Die Verbände suchten daher dringend nach leer stehenden Immobilien, die für eine Zwischennutzung geeignet seien. „Es sind jährlich steigende Gästezahlen.“ Dauerhaft fordern die Verbände vor allem, dass die Sozialverwaltung mehr Geld in permanente Obdachlosenheime steckt, denn die Einrichtungen der Kältehilfe seien immer nur eine Notlösung.

© dpa-infocom, dpa:240408-99-597468/3

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