Urteil:Wahlforscher: Entscheidung aus Karlsruhe das kleinere Übel

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Berlin (dpa) - Nach Einschätzung des Wahlforschers Thorsten Faas hat sich das Bundesverfassungsgericht mit seiner Ablehnung einer Wahlverschiebung in Berlin für das kleinere Übel entschieden. „Letztlich hätte man mit der Absage des Wahltermins in ein laufendes Verfahren eingegriffen mit ungewissem Ausgang“, sagte der Politikwissenschaftler, der an der Freien Universität in Berlin lehrt, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Es sind schon viele Tausend Briefwahlstimmen abgegeben, der Wahlkampf läuft auf Hochtouren.“

„In dieser Situation Stopp zu sagen, hätte in ein ohnehin schon komplexes und verwirrendes Verfahren noch einmal viel mehr Ärger gebracht“, sagte Faas. „Ich glaube, in der Abwägung bleibt es das kleinere Übel, den Wahltermin nicht zu verschieben.“

„Die Wahl findet jetzt statt.“ Insofern werde sich für viele Menschen im Wahlkampf und für das Abgeben ihrer Stimmen nichts verändern. „Ich glaube nicht, dass sich viele jetzt fragen, lohnt es sich noch, die Stimme abzugeben, auch wenn da diese Restunsicherheit bleibt, wie das Bundesverfassungsgericht im Hauptverfahren entscheidet.“

„Auch so betrachtet, aus Sicht von Bürgerinnen und Bürgern wäre der Schaden größer gewesen, ein hartes, unmittelbar erlebbares Signal zu senden: Stopp, wir lassen es nicht stattfinden, wissen aber auch nicht genau, wie es weitergeht“, sagte Faas. „Das hätte ganz unmittelbar für viel mehr Entrüstung und Unverständnis gesorgt als eine Situation, die uns sicher noch eine Weile beschäftigen, aber trotzdem nicht diese Entfaltung in der Breite entfalten wird.“

Das Bundesverfassungsgericht lehnte es im Eilverfahren ab, eine Verschiebung der Wahl anzuordnen. Die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus kann damit wie geplant am 12. Februar stattfinden. Eine genaue Prüfung, ob die komplette Wiederholung der Pannen-Wahl von 2021 verfassungsgemäß ist, steht allerdings noch aus und wird erst im Nachhinein erfolgen.

© dpa-infocom, dpa:230131-99-423280/3

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