Verbraucherschutz:Abgezockt per SMS und E-Mail

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Einmal verklickt - und schon hat man aus Versehen irgendein Abo abgeschlossen. (Foto: imago)

Abo-Fallen, gefälschte Inkassoschreiben, verbotene Werbeanrufe: Mit diesen Maschen wollen Betrüger abkassieren.

Von Berrit Gräber, München

Abgemahnt, ausspioniert, abkassiert: Die Deutschen sind immer wieder massenhaften Betrugsattacken ausgesetzt. Beinahe täglich fluten Internet-Kriminelle die E-Mail-Postfächer von Millionen Bürgern mit gefälschten Rechnungen, Mahnungen und Datenabfragen. Die Absender tarnten sich als Anwälte, Inkassofirmen, Banken, als Unternehmen wie Paypal, Amazon, Postbank oder Telekom. Gauner drängten vor allem Senioren am Telefon rücksichtslos in teure Abos, Versicherungen, Geldanlagen oder probierten, mit dem "Enkeltrick" Kasse zu machen.

2015 sei wieder "ein starkes Jahr in Sachen Abzocke" gewesen, wie Esther Jontofsohn-Birnbaum, Juristin der Verbraucherzentrale Bayern, berichtet. Die Methoden werden immer ausgefeilter und professioneller. Gesetze haben bislang wenig geholfen. Wer sich gegen Nepp schützen will, "muss wachsam sein, im Internet, am Handy wie im Festnetz", sagt Janine Hartmann, Verbraucherschützerin aus Sachsen. Das sind die gängigsten Abkassier-Maschen, die wohl auch im neuen Jahr zu erwarten sind.

Gefälschte E-Mails

"Paypal hat auf Ihrem Konto Betrug festgestellt", " Ihre Visa Kreditkarte wurde ausgesetzt" oder ganz plump "Rechnung noch offen": Wer solche Nachrichten in seinem E-Mail-Postfach findet, sollte aufpassen. Die angeblichen Rechnungen, Mahnungen oder Sicherheitschecks sind oft täuschend echt formuliert. Wer den Text nur anklickt, hat noch nicht viel zu befürchten. Gefährlich wird es, wenn mitgeschickte Anhänge oder Links geöffnet werden. Dahinter verstecken sich Schadprogramme. Ein unbedachter Mausklick - und der Rechner ist infiziert. Über eingeschleuste Viren, meist Trojaner, können Fremde von außen die Kontrolle übernehmen. Wer sich dann auch noch unter Druck fühlt und Geld überweist, geht den Betrügern zum zweiten Mal auf den Leim.

Gefährlich sind auch die Versuche, Bank- oder Kreditkartenkunden auszuspionieren und sich Zugang zu Konten verschaffen. Unter dem Vorwand "Wichtige Informationen bezüglich Ihres Kontos" werden die Angeschriebenen etwa aufgefordert, Kontodaten neu einzutippen. Die Eingaben landen dann direkt in den Händen der Betrüger. Unter phishing@vz-nrw.de sammelt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen Online-Betrügereien.

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Inkasso- und Abmahnwellen

Besonders stark verunsicherte auch die Welle an Inkasso- und Anwaltsforderungen, die 2015 Deutschland überrollte, via E-Mail und per Post. Betrüger setzten Bürger mit Abmahnungen wegen angeblicher Zahlungsrückstände massiv unter Druck.

Häufig geht es um Waren, die man nie bestellt hat, um erfundene Downloads, Verträge mit Dating-Portalen oder Kreditkarten, die gar nicht existieren. Zugleich wird Zahlungsverweigerern mit Schufa-Einträgen, Strafanzeigen oder Zwangsvollstreckung gedroht. Nach einer Studie der Verbraucherzentralen ist jede zweite Forderung völlig aus der Luft gegriffen. Angeschriebene sollten auf keinen Fall gleich zahlen, sondern erst die Forderung prüfen. Gibt es dafür keine Grundlage, sollten Betroffene dennoch schriftlich widersprechen, rät Verbraucherschützerin Hartmann. Sonst kommen die Schreiben immer wieder.

Wichtig: Inkasso-Mails sind in der Regel gefälscht und gehören gleich gelöscht. Verbraucherzentralen beraten und halten Musterbriefe bereit. Die vor einem Jahr in Kraft getretenen neuen Regelungen zum Schutz vor unseriösen Praktiken durch Inkassounternehmen haben bislang nicht viel genutzt.

SMS-Fallen

Seit Herbst kommt es immer wieder zu Datenklau über Smartphones. Per SMS werden verlockende Gewinnnachrichten verschickt - man könne etwa für 500 Euro bei Unternehmen wie Amazon oder Rewe einkaufen. Klickt man dann auf den Link, soll man erst einmal Adresse und Finanzdaten preisgeben. Schlimmstenfalls muss man mit einem Angriff aufs Konto rechnen. "Niemals auf dem Handy neugierig einen Link anklicken", sagt Hartmann.

Häufig landet man damit auch direkt in einer Abo-Falle. Die Folge sind teure Mobilfunkrechnungen am Monatsende. Dieses Geld wieder zu erhalten, ist schwierig. Wer sich gegen unerwünschte Links schützen will, sollte bei seinem Mobilfunkanbieter eine kostenfreie Drittanbietersperre beantragen. Diese verhindert, dass die eigene Smartphone-Nummer bei einem unbedachten Klick weitergereicht wird und Firmenabkassieren können.

Werbeanrufe

Unerlaubte Werbeanrufe waren 2015 für viele Menschen eine Plage. Vor allem Senioren werden gezielt bequasselt und überrumpelt. "Sie wollen doch sicher sparen? Oder gewinnen?" - das ist einer der am meisten gebrauchten Sprüche. Ja klar, denken viele Leute arglos - und sitzen am Ende in Zeitschriften-Abos fest, haben Lotterielose gekauft, persönliche Daten preisgegeben, Nahrungsergänzungsmittel bestellt, Finanzprodukte, Versicherungen und Abbuchungen vom Konto am Hals oder sind zu einer neuen Telefongesellschaft gewechselt.

Eigentlich sind ungebetene Werbeanrufe, sogenannte cold calls, verboten. Seit 2013 sieht das Anti-Abzocke-Gesetz Bußgelder vor. Trotzdem gilt: Auch mündliche Vereinbarungen sind Verträge. Obwohl sie auf unlauterem Weg zustande kamen, sind sie meist rechtlich wirksam. Kunden, die zu spät oder gar nicht widerrufen, müssen sich damit abfinden. Diese Situation wird von vielen Firmen gnadenlos genutzt. Das Geschäft mit aggressiven Verkaufsmaschen blüht, wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert. Nur strengere gesetzliche Regelungen könnten die Belästigung eindämmen.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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