Snowden-Dokumente im Original:Unheimlicher Helfer

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Dokument vom 25. April 2013. Damals war Cable & Wireless schon fast ein Jahr Teil von Vodafone (Foto: SZ)

Die Vodafone-Tochter Cable & Wireless hat offenbar eng mit dem britischen Geheimdienst GCHQ kooperiert, wie die SZ jüngst berichtete. Süddeutsche.de dokumentiert hier eine Auswahl bislang unveröffentlichter Dokumente aus dem Snowden-Archiv, die dies untermauern.

Neue Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden, die SZ, NDR, WDR und dem britischen Fernsehsender Channel 4 vorliegen, geben tiefe Einblicke in die alltägliche Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und Telekommunikationsunternehmen in Großbritannien. Im Mittelpunkt steht Cable & Wireless - eine Firma, die seit 2012 zum Vodafone-Konzern gehört. In den Dokumenten ( hier als PDF) trägt Cable & Wireless den Decknamen Gerontic.

Der Name taucht zum Beispiel in einer Art Erfolgsstatistik des britischen Geheimdiensts GCHQ auf: In einer akribisch geführten Tabelle ( PDF) aus dem Jahr 2009 listet der Dienst auf, auf welche Unterseekabel er Zugriff hat und wie viele Daten ausgeleitet werden können. Insgesamt 63 Kabel sind aufgeführt, bei 29 ist Cable & Wireless alias Gerontic als potentieller Helfer genannt.

In wöchentlichen Status-Berichten ( hier ein Beispiel als PDF), die offenbar aus dem sogenannten GCHQ-Wiki stammen und bis ins Jahr 2012 reichen, ist die Rede von regelmäßigen Besprechungen, etwa zum Thema "möglicher neuer Einsatzrisiken, identifiziert von Gerontic".

Beispiel für einen wöchentlichen Statusbericht, hier aus dem Juni 2008, in dem Besprechungen mit "Gerontic" thematisiert werden. (Foto: SZ)

Auch ein "gemeinsames Projektteam" von GCHQ und Gerontic gab es den Dokumenten zufolge ( PDF). Ein Geheimdienstmitarbeiter war demnach sogar als "integrierter Projektmitarbeiter" zu Cable & Wireless abgestellt.

Der Vodafone-Konzern, der Cable & Wireless 2012 übernommen hat, teilt auf Anfrage dazu mit, man habe die Geschichte des aufgekauften Unternehmens erforscht und "keinerlei Hinweise" auf Aktivitäten gefunden, die den Gesetzen in Deutschland, Großbritannien und der EU widersprechen. Wie von Vodafone-Mitarbeitern zu hören ist, will der Konzern nun aber prüfen, ob bei der damaligen Untersuchung möglicherweise etwas übersehen worden ist.

In den Dokumenten finden sich Hinweise ( PDF), dass - als Gegenleistung für den Zugang zu Kabeln und Infrastruktur - große Geldsummen an Cable & Wireless geflossen seien. So findet sich in einer Budget-Tabelle für den Februar 2009 ein Eintrag in Höhe von fast sechs Millionen Pfund, gebucht auf ein Gerontic-Projekt. Ein andermal sind von rund 20 Millionen Pfund die Rede.

In den Dokumenten finden sich Hinweise, dass große Geldsummen an Cable & Wireless geflossen seien. (Foto: SZ)

Ein Vodafone-Sprecher erklärte, dass man die Zahlungen, die laut den Dokumenten an das 2012 geschluckte Unternehmen Cable & Wireless gingen, nicht zuordnen könne. Jedoch sei es allgemein möglich, von Regierungen eine Aufwandsentschädigung für geleistete Hilfe zu bekommen. Profit schlage Vodafone aber nicht aus seiner Hilfe für die Behörden.

Besonders interessant sind in den Dokumenten aus dem Snowden-Fundus derweil die Angaben zu dem Kabel namens Flag Europe Asia (FEA), das Großbritannien mit Afrika und Asien verbindet ( PDF), und Flag Atlantic 1 (FA-1), das von Europa in die USA führt. Bei beiden ist Gerontic als sogenannter "Landing Partner" aufgeführt.

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Das Brisante daran: Weder FA-1 noch FEA gehören Vodafone, ebenso wenig gehörten sie Cable & Wireless, die Kabel sind vielmehr Eigentum des indischen Unternehmens Global-Cloud-Xchange (das bis Anfang 2014 Reliance Globalcom hieß). Den internen GCHQ-Papieren zufolge gelang es Gerontic dennoch, dem Geheimdienst über einen sogenannten Backhaul in dem Örtchen Skewjack in Cornwall Zugang zu verschaffen. Die Geheimdienstler gaben dem Ganzen den Dokumenten zufolge den Codenamen Nigella ( PDF).

Über Nigella, heißt es weiter, habe Gerontic Zugang zur "Linux-Infrastruktur" der Konkurrenz und leite Statistiken und Metadaten aus ( PDF).

Ein Dokument enthält Hinweise auf den Zugriff auf Datenkabel, die gar nicht im Besitz von Cable & Wireless waren. (Foto: SZ)

Die Nigella-Daten sind ausweislich der Unterlagen ( PDF) in ein Sammelsystem namens Incenser geflossen. Soweit man bislang weiß ist Nigella die einzige Quelle für Incenser.

In den Snowden-Dokumenten finden sich mehrere Dokumente des US-Geheimdienstes NSA zu Incenser. Unter anderem ist ein Dokument auf den 25. April 2013 datiert ( PDF) - eine Zeit also, als Cable & Wireless schon fast ein Jahr Teil von Vodafone war.

Die Dokumente können Sie hier auch komplett als Zip-Datei herunterladen.

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