Rechtsextremismus im Netz:Video-Hetze auf Arabisch

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Die Zahl rechtsextremistischer Internetseiten nimmt zu: Wie Neonazis das Netz nutzen, um besonders junge User anzusprechen.

Die Zahl rechtsextremistischer Internetseiten nimmt nach Experteneinschätzung rapide zu. Derzeit gebe es mehr als 1600 Seiten, die Tendenz sei weiter steigend, erklärte die von den Ländern getragene Einrichtung "jugendschutz.Net" auf einer Expertentagung am Donnerstag in Berlin. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries rief Staat und Zivilgesellschaft zu verstärkten Anstrengungen gegen Rechtsextremismus im Netz auf.

1600 rechtsextremistische Internetseiten gibt es derzeit - Tendenz steigend. (Foto: Foto: ddp)

"Der Hass muss raus aus dem Internet", sagte die SPD- Politikerin. "Jugendschutz.Net"-Sprecher Stefan Glaser warnte, Rechtsextremisten bemühten sich inzwischen um eine ansprechende Gestaltung ihrer Webangebote, um gezielt ein junges Publikum anzusprechen. Oft seien entsprechende Seiten auf den ersten Blick gar nicht als ein Angebot von Neonazis zu erkennen. "Das Internet ist für Rechtsextremisten inzwischen die Propaganda-Plattform Nummer eins", erklärte Glaser. Zypries sagte, das Problem sei nicht gelöst. Auf Neonaziseiten gehörten Drohungen und Gewaltphantasien "noch immer zum guten Ton".

Zypries erinnerte an die erste internationale Konferenz zu diesem Thema, die vor neun Jahren in eine "Berliner Erklärung" mündete. Der damals formulierte Grundsatz, "dass auch online verboten sein muss, was offline verboten ist", sei immer noch gültig. Allerdings komme es beim Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nur auf die technische Seite an, sagte Zypries. "Rechtsextreme Ideen werden im Netz verbreitet, aber sie entstehen in den Köpfen der Menschen."

Kampf gegen Kinderpornographie als Vorbild

Online wie Offline werde es beim Kampf gegen Fremdenhass und seine Verbreitung entschieden darauf ankommen, "dass Staat und Zivilgesellschaft gemeinsam handeln und Maßnahmenbündel schnüren", sagte die Ministerin.

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, kritisierte die Vorgehensweise deutscher Behörden. "Strafanzeigen von unserer Seite wurden regelmäßig innerhalb weniger Tage von den Staatsanwaltschaften eingestellt mit dem Hinweis, die Täter könnten nicht ermittelt werden, weil eine Steuerung über ausländische Seiten vorliege", sagte er. Das sei inakzeptabel.

Rose erklärte, was zum Schutz gegen andere Kriminalität im Internet unternommen werde, "muss zum Schutz der Gesellschaften auch gegen Rassenpropaganda und Volksverhetzung unternommen werden". Er nannte als Beispiel die Bemühungen zur Eindämmung von Kinderpornographie im Netz, die von Internetanbietern, Bundeskriminalamt und Bundesregierung vereinbart wurden. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, lenkte den Blick auf terroristische Aktivitäten im Netz. "Extremisten erreichen im Internet eine Breitenwirkung, die auf normalem Wege so niemals gelingen könnte", betonte er.

Entsprechende Videos würden immer professioneller und seien mittlerweile nicht mehr nur auf Arabisch, sondern auch in vielen anderen Sprachen verfügbar. Es handele sich um eine "wahre Medienoffensive". Mit Blick auf rechtsextremistische Internetseiten erklärte Fromm, zehn Prozent seien strafrechtlich relevant. Kritisch seien mittlerweile nicht mehr nur die Homepages, sondern auch die Videoportale zu betrachten.

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