Facebook:Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen Mark Zuckerberg

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Hat sich der Facebook-Chef der Beihilfe zur Volksverhetzung schuldig gemacht? (Foto: REUTERS)

Die Anzeige richtet sich gegen den Facebook-Chef und andere führende Manager des Unternehmens. Es geht unter anderem um Beihilfe zur Volksverhetzung.

Von Johannes Boie und Christian Rost, München

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen Facebook wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Die Ermittlungen richten sich unter anderem gegen den Gründer und Chef von Facebook, Mark Zuckerberg, und die Geschäftsführerin Sheryl Sandberg, aber auch gegen die Deutsche Eva-Maria Kirschsieper, die in Berlin Lobbyismus für den Konzern betreibt, sowie Richard Allan, der Cheflobbyist in Europa ist.

Das Verfahren geht auf eine Anzeige des Würzburger Rechtsanwaltes Chan-jo Jun zurück. Er hatte 438 rechtlich eindeutige Äußerungen gesammelt, darunter insbesondere Hetze gegen Flüchtlinge, denen von Facebook-Nutzern zum Teil mit Mord gedroht wurde. Jun meldete dem Konzern die Inhalte und überprüfte dann, ob Facebook die Äußerungen löschte. In einer Excel-Datei hielt der Anwalt detailliert das Versagen des Konzerns fest.

Inhaltlich geht es um Mordaufrufe, Gewaltandrohungen, Holocaustleugnung. Facebooks Pressesprecherin Tina Kulow sagte auf Anfrage, die Vorwürfe seien substanzlos, da Facebook nicht gegen deutsches Recht verstoße. Sie gehört ebenfalls zu den Personen, die Jun bei der Staatsanwaltschaft anzeigte. Juns Kanzlei zufolge soll auch die Hamburger Staatsanwaltschaft in das Verfahren involviert sein. Die Staatsanwaltschaft München prüft nach eigenen Angaben, ob sie örtlich zuständig ist und ob deutsches Strafrecht Anwendung finden kann. Zuerst hatte der Spiegel über das Ermittlungsverfahren berichtet.

Facebook löscht strafbare Einträge nicht oder zu langsam

Die Ermittlungen folgen auf zahlreiche Medienberichte, die seit Monaten belegen, dass auf Facebook täglich strafbare Äußerungen vorkommen - und ohne weitere Konsequenzen bleiben. Der Konzern zieht sich bislang auf die Position zurück, entsprechende Einträge "nach Kenntnis" zu entfernen.

Zahlreiche Test zeigen allerdings, dass Facebook den eigenen Ansprüchen nicht genügt. Ein von der Bundesregierung initiierter Test zeigt zum Beispiel, dass Facebook nur 46 Prozent von strafrechtlich relevanten Inhalten innerhalb von 24 Stunden nach Kenntnisnahme löscht. So bleiben Volksverhetzung oder auch Pornografie, die auf der auch für Jugendliche erreichbaren Plattform eigentlich ebenfalls verboten ist, in zahlreichen Fällen auf Facebook online.

Der Konzern beschäftigt nach eigenen Angaben Mitarbeiter des Dienstleistungsunternehmens Arvato in Berlin, die justiziable Inhalte löschen sollen. Allerdings macht der Konzern keine Angaben dazu, wie viele Inhalte gelöscht werden. Facebooks Verhalten stößt dabei auch deshalb auf Kritik, weil der Konzern zwar oft daran scheitert, strafbare Inhalte zu entfernen, gleichzeitig aber regelmäßig nicht strafbare Texte, Bilder und Videos ohne detaillierte Gründe löscht.

Umstrittenes Konzept der "Gegenrede"

Zuletzt hatte Bundesjustizminister Heiko Maas am 26. September ein Gipfeltreffen zwischen Konzernvertretern wie Richard Allan, Beamten seines Ministeriums und EU-Kommissarin Věra Jourová initiiert. Während Juristen vor allem darauf drangen, strafbare Inhalte schnell zu löschen, setzte Facebook bei dem Treffen vor allem auf mit zivilgesellschaftlichen Organisationen entwickelte Ideen, wie das Konzept der "Gegenrede", bei dem Nutzer ermutigt werden sollen, gegen Hetze im Netz vorzugehen.

Das Konzept ist umstritten, weil es nicht zwischen strafbaren Inhalten - wie Volksverhetzung - und nicht strafbaren Äußerungen unterscheidet. Außerdem kritisieren Experten, dass von dem Konzept, bei dem sich Menschen online dauernd widersprechen, vor allem Facebook selbst profitiere, weil die Plattform dadurch mehr genutzt wird.

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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