Datenskandal:Cambridge Analytica meldet Insolvenz an

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Cambride Analytica und die Mutterfirma SCL haben Insolvenz eingereicht. (Foto: dpa)
  • Die Firma im Mittelpunkt des Facebook-Datenskandals wird geschlossen.
  • Die Kontroverse um millionenfachen Datenabfluss kostete offenbar fast alle Kunden und sorgte für hohe Anwaltshonorare.
  • Aktivisten befürchten, dass die Firma unter einem anderen Namen weiter agiert.

Cambridge Analytica, die Firma im Mittelpunkt des aktuellen Datenskandals um Facebook, soll geschlossen werden. Auch die britische Dachgesellschaft SCL Group mache dicht, sagte SCL-Gründer Nigel Oakes dem Wall Street Journal.

Auslöser sei, dass die Firma Kunden verloren habe. Zugleich seien die Anwaltskosten im Zuge der Ermittlungen zum Datenskandal in die Höhe gegangen, berichtete die Zeitung am Mittwoch unter Berufung auf informierte Personen. In einer Pressemitteilung gab die Firma zudem bekannt, die Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung hinsichtlich der Anschuldigungen rund um den Datenskandal zeitnah zu veröffentlichen.

In der Mitteilung heißt es wie folgt: "In den vergangenen Monaten war Cambridge Analytica das Subjekt zahlreicher unbegründeter Anschuldigungen und trotz der Bemühungen zur Richtigstellung wurde das Unternehmen verunglimpft für Aktivitäten, die nicht nur legal sind, sondern auch weithin als Standards in der Online-Werbung im politischen und wirtschaftlichen Bereich gelten." Die Firmenchefs betonen ihr "standhaftes Zutrauen, dass die Beschäftigten ethisch und rechtmäßig gehandelt haben".

Die Firma sieht sich selber offenbar als Opfer einer unausgewogenen Berichterstattung durch die Medien: "Obwohl diese Entscheidung extrem schmerzhaft für die Führung von Cambridge Analytica war, erkennt sie an, dass es für die engagierten Angestellten umso schwerer ist, die heute erfahren haben, dass sie ihre Jobs als Resultat unfairer Medien-Berichterstattung verlieren werden."

Mit versteckter Kamera gefilmt

Cambridge Analytica hatte von einem Cambridge-Professor Daten von Millionen Facebook-Nutzern erhalten, die er über eine Umfragen-App gesammelt hatte. Dabei hatten nur einige hunderttausend Nutzer an der Umfrage teilgenommen. Der Rest waren einige Informationen über ihre Facebook-Freunde, zu denen die App nach damaliger Funktionsweise des Online-Netzwerks auch Zugang hatte.

Facebook machte diese Schnittstellen bereits 2014 dicht und betont, dass die Weitergabe der Daten durch den Professor ein "Vertrauensbruch" gewesen sei. Dennoch stürzte der Fall auch Facebook in eine Krise.

Cambridge Analytica stand kurz darauf auch im Mittelpunkt einer investigativen Reportage des britischen Senders Channel 4. Dort geben die Verantwortlichen vor versteckter Kamera an, Skandale fabrizieren zu können und so zum Beispiel die Wahl in Kenia beeinflusst zu haben und weltweit politische Parteien zu ihren Klienten zu zählen. Cambridge Analytica hatte auch für das Wahlkampfteam von Donald Trump gearbeitet.

Unklarheit über weitere Firmen

Ob es sich bei den versteckt gefilmten Aussagen um Angeberei oder echte Verwicklungen handelte, ist nicht ganz klar. Die Firma beurlaubte kurz darauf Firmenchef Alexander Nix.

Unklar war am Mittwoch zunächst, ob von der angekündigten Schließung auch die im Sommer 2017 registrierte Firma Emerdata sowie ein weiteres Unternehmen mit Namen Firecrest Technology betroffen sind. Im Aufsichtsrat sitzen laut Registrierung hochrangige Mitarbeiter von SCL, bis vor kurzem auch der ehemalige CA-Chef Nix. Auch Rebekah und Jennifer Mercer, Tochter des konservativen Milliardärs Robert Mercer, sind seit März diesen Jahres im Kontrollgremium gelistet. Die Mercers waren die Hauptfinanciers von Cambridge Analytica.

Aktivisten befürchten, dass die Praktiken der Firma einfach in einem Unternehmen fortgeführt werden, das einen anderen Namen trägt.

© SZ.de/dpa/bix/joku - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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