Code-Änderung bei Microsoft Windows:Novell zerrt Bill Gates vor Gericht

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Hat Microsoft vor fast 20 Jahren seine Macht missbraucht und zum Nachteil der Software-Firma Novell den Windows-Programmcode geändert? Im Prozess der beiden ehemaligen Rivalen musste jetzt BIll Gates aussagen.

Varinia Bernau und Thorsten Riedl

17 Jahre liegt sie zurück, diese Entscheidung des Bill Gates. Sie hat dem Gründer und langjährigen Chef des Softwarekonzerns Microsoft bereits einigen Ärger eingebracht - und seinen Rivalen erst. Und sie bringt den 56-Jährigen nun noch einmal in einen Gerichtssaal in Salt Lake City. Die Entscheidung, sie drehte sich letztlich um ein paar wenige Zahlen und Zeichen. Trotzdem erschütterte sie die Computerindustrie in ihren Grundfesten. Mit Absicht oder ohne. Das müssen nun die Richter entscheiden.

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Der Fall, der nun vor dem Bundesgericht in Salt Lake City neu aufgerollt wird, dreht sich um name space extensions, so heißt die Technik im Fachjargon. Bis in die Mitte der neunziger Jahre geht der Streit zurück. Damals stand eine neue Version von Microsofts Betriebssystems Windows an.

Die Entwickler waren düpiert

Der Softwarekonzern hatte externen Entwicklern zunächst nahegelegt, eben diesen Code in ihre Programme einzubauen. Doch als die Windows-Version dann rauskam, da fehlte die Schnittstelle für die name space extension. Die Entwickler waren düpiert - allen voran die im Hause Novell. Sie konnten ihr Programm Word Perfect erst später in die Läden bringen. 2004 reichte Novell Klage ein. Der Vorwurf: Der Softwarekonzern missbrauche seine Macht. Fast jeder PC hat Windows installiert.

Schwierigkeiten mit den Kartellbehörden haben im Hause Gates Tradition. In den USA, Europa und Asien stand Microsoft schon im Visier der Wettbewerbshüter. Brüssel verhängte Zwangsgelder in Höhe von 1,7 Milliarden Euro gegen den Softwarekonzern - so viel wie gegen kein anderes Unternehmen aus den USA. Auch in Europa gehörte Novell neben anderen zu den Beschwerdeführern.

Das kleinere Softwarehaus Novell hatte die Textverarbeitung Word Perfect 1994 für 51 Millionen Dollar gekauft und nach eigenen Angaben auf Anraten von Microsoft einigen Aufwand betrieben, um es an das anstehende neue Windows-Betriebssystem anzupassen. Vergebliche Mühe. Dokumente einer älteren Fassung von Word Perfect ließen sich auf den Computern, auf denen die neue Windows-Version installiert war, gar nicht mehr öffnen. Die Kunden waren verärgert.

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Word Perfect hatte einmal eine starke Marktstellung. Anfang der neunziger Jahre kam noch jedes zweite weltweit verkaufte Textverarbeitungsprogramm vom Rivalen, Mitte der neunziger Jahre war es nur noch jedes zehnte. Inzwischen führt Microsoft in diesem Markt mit dem eigenen Programm Word. Warum bloß?

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Bei Novell hält man die technische Hürde, die Microsoft mit seiner Erneuerung des Betriebssystems aufgezogen hat, für die Hauptursache. Bei Microsoft glaubt man, es lag schlichtweg am schlechten Management von Novell. Seit sieben Jahren streiten beide Firmen nun vor Gericht. Microsoft hat versucht, das Verfahren abzukürzen. Vergeblich.

Am Montag gab sich Gates - in Anzug und gelber Krawatte - mal ganz gelassen, mal kratzbürstig. Je nachdem, ob ihn der Anwalt der eigenen Partei oder der von Novell ins Kreuzverhör nahm. Der Gründer des Softwarekonzerns betonte, der Programmcode sei kurz vor Erscheinen der aktuellen Betriebssystemversion nicht entfernt worden, um Novell zu schaden.

"Das war die größte Herausforderung"

Vielmehr sei es Microsoft darum gegangen, dass das Windows-System sicher läuft. Man habe befürchtet, dass der kritische Programmcode das ganze Betriebssystem zum Absturz bringen könnte. "Das war die größte Herausforderung, die wir je zu bewältigen hatten", erklärte Gates vor Gericht.

Er bezweifelte auch, dass der besagte Programmcode ausschlaggebend dafür war, ob die Textverarbeitung des Rivalen funktionieren konnte oder nicht. Der Code hätte lediglich der Darstellung von Dateien und Ordnern gedient, sagte Gates im Gerichtssaal, der bis auf die letzten Reihen gefüllt war.

Gates war der erste Zeuge in dem Rechtsstreit. Eine Entscheidung steht aus - spielt aber kaum noch eine Rolle. Novell, einst eine Größe in der Softwarebranche, ist ein Schatten seiner selbst. Im vergangenen Jahr wurde die Firma gekauft, zum Schnäppchenpreis von einer Milliarde Dollar. Genauso hoch ist der Streitwert im laufenden Prozess.

© SZ vom 23.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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