Auswertung persönlicher Informationen:Wie die Datensammel-Industrie hinter Facebook und Co. funktioniert

Nicht nur die IT-Giganten profitieren von Nutzerdaten: In den USA bieten Unternehmen wie LexisNexis an, die im Netz hinterlassenen Informationen zu verknüpfen. Anwälte, Behörden und die Werbebranche nutzen die neuen Möglichkeiten - und Menschen werden aufgrund ihrer digitalen Existenz ausgegrenzt.

Lori Andrews

In der vergangenen Woche hat Facebook Unterlagen bei der US-Börsenaufsicht eingereicht. Ihr Wert wird auf mindestens 75 Milliarden Dollar geschätzt. Doch alles, was Facebook zu bieten hat, sind persönliche Daten - die Daten von uns allen. Facebook verdient Geld, indem es Werbeflächen für Firmen zur Verfügung stellt, die uns möglichst zielgenau ansprechen wollen.

Facebook

Genauer Blick auf Facebook und Co.: In den USA gibt es für das Sammeln personenbezogener Daten nur wenige Regeln.

(Foto: dpa)

Die Werbekunden entscheiden sich für bestimmte Schlüsselbegriffe oder persönliche Informationen wie Beziehungsstatus, Wohnort, Freizeitaktivitäten, Lieblingsbücher oder Arbeitgeber. Facebook macht die Anzeigen dann für genau jene Nutzer sichtbar, die diesen Vorgaben entsprechen. Wer online seine Vorliebe für Kuchen kundtut, in einer bestimmten Gegend wohnt und gerade seine Freunde zu sich nach Hause eingeladen hat, der sollte sich nicht wundern, wenn er auf seiner Seite die Anzeige der Bäckerei um die Ecke vorgesetzt bekommt.

Facebook hat im vergangenen Jahr allein durch Werbung einen Umsatz von 3,2 Milliarden Dollar generiert - das sind 85 Prozent seines Gesamtumsatzes. Und doch sind Facebooks Datenvorräte und Werbeumsätze ein Klacks. Google etwa hat zehnmal so viel eingenommen: Mithilfe der Analyse von Suchanfragen und E-Mails, die über den Dienst G-Mail verschickt wurden, erreichte Google im Jahr 2011 einen Werbeumsatz von 36,5 Milliarden Dollar.

Nützlich, im schlimmsten Falle lästig

Hunderte weiterer Unternehmen greifen gierig nach Nutzerdaten, indem sie Cookies und andere technische Hilfsmittel zur Nachverfolgung auf den Computern und in den Browsern platzieren. Wenn in einer E-Mail von Angst die Rede ist und man noch dazu "Stress" auf Google gesucht hat, sollte man sich auf Anzeigen gefasst machen, die die entsprechenden Medikamente und Dienste zur Behandlung von Beklemmungen anbieten.

Solche Anzeigen können durchaus nützlich, im schlimmsten Falle lästig sein. Doch die Bits und Bytes, die Informationen über ein Leben enthalten, können auch ohne weiteres gegen jemanden verwendet werden. Die Entscheidung, ob man eine Arbeitsstelle, einen Kredit oder eine Versicherung bekommt, könnte von einem digitalen Doppelgänger abhängig gemacht werden. Bekommt man dann eine Absage, erfährt man vielleicht nie den wirklichen Grund.

Beweismittel im Sorgerechtsstreit

Es ist in den USA durchaus schon vorgekommen, dass online verfügbares Material gegen Personen verwendet wurde, die um das Sorgerecht für ihre Kinder kämpften oder in Strafprozessen angeklagt waren. Der Datenbankdienst LexisNexis bietet ein Produkt namens "Accurint for Law Enforcement" an, das Behörden mit Informationen darüber versorgt, was Bürger in den sozialen Netzwerken tun.

Das amerikanische Finanzamt durchkämmt Facebook und MySpace zum Beispiel regelmäßig auf der Suche nach Anhaltspunkten für das Einkommen und den Aufenthaltsort von Steuerhinterziehern. Von der Einwanderungsbehörde hört man, dass sie Fotos und Blogposts benutzt, um Verwandtschaftsbeziehungen nachzuvollziehen und Scheinehen aufzuspüren.

Es kommt aber auch vor, dass Arbeitgeber die Entscheidung, welchen Bewerber sie einstellen, von dessen Online-Profilen abhängig machen. Eine Studie hat ergeben, dass 70 Prozent der Personalchefs in den USA schon einmal einen Bewerber aufgrund von Informationen abgelehnt haben, die im Internet abrufbar sind. Solche Daten werden von Firmen wie Spokeo gesammelt und den Arbeitgebern (und allen anderen, die sich dafür interessieren) zur Verfügung gestellt. Spokeo schaltet sogar Werbung mit dem Spruch "Personalchefs - Hier klicken!".

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