Acta-Abkommen:Zickzackkurs bringt Ministerin in Erklärungsnot

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Während die Regierung offiziell am umstrittenen Acta-Abkommen festhält, muss Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ihr Verhalten erklären. Ihr Ressort hatte Acta schließlich vor wenigen Monaten selbst ins Kabinett eingebracht.

Robert Roßmann und Susanne Höll, Berlin

Die Bundesregierung will trotz der jüngsten Massenproteste am internationalen Urheberrechts-Abkommen Acta festhalten. Der Schutz geistigen Eigentums müsse auch im Internet durchgesetzt werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.

Außerdem seien viele Vorwürfe, die im Netz erhoben würden, nicht zutreffend. So sehe das Abkommen weder Netzsperren noch andere "Giftzähne" vor. Es handele sich auch nicht um ein "Geheimabkommen". Seibert wies darauf hin, dass die vorläufigen Entwürfe bereits 2010 ins Netz gestellt worden seien. Das Ende November vom Kabinett gebilligte endgültige Abkommen sei seit Anfang Dezember öffentlich zugänglich ( hier als pdf). Falls jetzt neue Fragen auftauchten, sei die Regierung aber dafür offen, diese noch zu klären.

Federführendes Ministerium für Acta war das Bundesjustizministerium. Zur allgemeinen Überraschung hatte Ressortchefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Freitag jedoch Bedenken angemeldet. Daraufhin wurde eine bereits erteilte Weisung zur Unterschrift unter das Abkommen wieder zurückgezogen.

Keine stichhaltige Erklärung

Am Montag bemühte sich das Ministerium, dieses Vorgehen zu erklären. Bei Acta handele es sich um ein "gemischtes multilaterales Handelsabkommen", sagte ein Sprecher. Bei den Verhandlungen sei sein Haus deshalb nur Beobachter gewesen und damit praktisch "am Katzentisch gesessen". Der Sprecher konnte jedoch keine stichhaltige Erklärung dafür geben, warum seine Ministerin jetzt plötzlich Bedenken gegen ein vom eigenen Ressort ins Kabinett eingebrachtes Abkommen hatte.

In der CDU reagierte man nachdenklich auf den Acta-Streit. Generalsekretär Hermann Gröhe ließ zwar keinen Zweifel daran aufkommen, dass seine Partei das Abkommen weiterhin für sinnvoll hält. Das Vorgehen der Justizministerin sei für ihn deshalb "durchaus überraschend" gewesen, sagte Gröhe.

Die Politik müsse sich angesichts der Proteste aber fragen, ob sie Debatten, die vor allem im Netz stattfinden, zu wenig beachtet. Offenbar gebe es einen "enormen Aufklärungsbedarf". In Zeiten des Internets sei vielen der enorme Wert des Urheberrechts nicht mehr selbstverständlich.

"Klauen ist klauen"

Die SPD begrüßte die Denkpause, die sich die Regierung verordnet hat. Parteichef Sigmar Gabriel, der selbst erst vor wenigen Wochen Kenntnis von der Übereinkunft nahm, sagte, es müsse zunächst geklärt werden, was tatsächlich in dem Abkommen stehe. Mangelnde Transparenz habe zu dem tiefen und aus seiner Sicht nicht ganz berechtigten Misstrauen der Internet-Aktivisten geführt.

Die SPD trete allerdings klar für den Schutz geistigen Eigentums auch im Netz ein. "Klauen ist klauen, ganz egal, ob im Laden oder im Internet", so Gabriel. Die Forderung von Teilen der Netzgemeinde, alle Inhalte zur freien Verwendung freizugeben, sei mit seinen Vorstellungen nicht vereinbar.

© SZ vom 14.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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