Türkei:Deutsche Auslandsschule in Istanbul hebt "Weihnachtsverbot" auf

Lesezeit: 2 min

  • Zunächst hatte die Leitung der deutschen Abteilung der Schule die Lehrer angewiesen, im Unterricht nichts mehr über Weihnachtsbräuche mitzuteilen.
  • Die türkische Schulleitung hatte zuvor schon dementiert, etwas mit dem Verbot zu tun zu haben.
  • Ein ranghoher türkischer AKP-Abgeordneter wirft Deutschland Missionierung vor.

Im Streit um Weihnachten an der deutsch-türkischen Eliteschule İstanbul Lisesi kann das christliche Fest nun doch im Unterricht behandelt werden. "Nach gemeinsamer Sitzung zwischen der türkischen Schulleitung und der Leitung der Deutschen Abteilung kann ich Ihnen mitteilen, dass kein Verbot vorliegt, Weihnachten im Unterricht zu besprechen", hieß es am Montag in einer E-Mail der deutschen Abteilungsleitung an die deutschen Lehrer, die der dpa vorliegt.

Am vergangenen Dienstag hatte die Leitung der Deutschen Abteilung am İstanbul Lisesi noch an die deutschen Lehrer geschrieben: "Es gilt nach Mitteilung durch die türkische Schulleitung eben, dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird."

Noch ist nicht geklärt, von wem der Vorstoß, Weihnachten nicht mehr zu behandeln, überhaupt ausging: von der Deutschen Abteilung selbst oder aber von der türkischen Schulleitung? Die türkische Schulleitung jedenfalls hatte am Sonntag schon dementiert, dass es ein Weihnachtsverbot gebe. Das sei ein Missverständnis. Die deutschen Lehrer hätten das Thema allerdings nicht dem Lehrplan entsprechend behandelt. Und ein geplantes Chorkonzert mit weihnachtlichen Liedern hätten die deutschen Lehrer selbst abgesagt, nicht die türkische Schulleitung.

Die Bundesregierung hält den Wirbel für einen Einzelfall. Es gebe keinerlei Anzeichen für solche Vorkommnisse an anderen Schulen, sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer. Es gebe auch keine Hinweise auf eine Einflussnahme des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Es sei davon auszugehen, dass die "Missverständnisse" durch Gespräche an der Schule bald ausgeräumt werden könnten, sagte Schäfer weiter.

Kulturabkommen mit der Türkei seit 1957

Am Istanbul Lisesi arbeiten 35 deutsche Lehrer, die aus Deutschland entsandt und bezahlt werden. Deutschland bezahlt dafür jedes Jahr mehrere Millionen. Die anerkannte deutsche Auslandsschule wird von türkischen Schülern besucht, viele Fächer werden auf Deutsch unterrichtet.

Türkei
:Empörung über "Weihnachtsverbot" an deutscher Auslandsschule in Istanbul

Die Lehrer des "İstanbul Lisesi" sollen kein Wort mehr zu Weihnachten verlieren. Politiker sind empört, denn Deutschland finanziert die Schule mit. Oder ist alles nur ein Missverständnis?

Von Luisa Seeling

Der deutsche Einfluss an der Schule reicht mehr als 100 Jahre zurück. Geregelt wird die Zusammenarbeit durch ein Kulturabkommen, das 1957 geschlossen wurde. Heute schickt die Bundesrepublik bis zu 80 Lehrer an türkische Schulen, die auch deutsche Kultur vermitteln, so sieht es der Vertrag vor.

AKP-Abgeordneter wirft Deutschen Missionierung vor

Ein prominenter Abgeordneter der Regierungspartei AKP wirft den deutschen Lehrern indes "Missionierung" vor. "Missionierung in staatlichen Schulen kann nicht erlaubt werden", teilte der Vorsitzende der Verfassungskommission im Parlament, Mustafa Sentop, auf Twitter mit. "Die Deutschen, die in ihren eigenen Schulen nicht erlauben, muslimischen Kindern türkischer Staatsangehörigkeit Religionsunterricht zu geben, sollen in der Türkei auch noch Missionierung betreiben."

Sobald diejenigen ermahnt würden, die muslimische Schüler in staatlichen Schulen in der Türkei protestantische Gebetslieder singen lassen, die nichts mit dem Lehrplan zu tun haben, rege sich Deutschland auf. "Reißt euch zusammen. Das hier ist die Türkei. In einer Staatsschule kann die religiöse, politische Propaganda des deutschen Staates gegenüber Kindern dieses Landes nicht gestattet werden."

Gehe es um den Islam, sei die "laizistische Bildung" wichtig. Wenn es aber um das Christentum gehe, denke man nicht an Laizismus oder dergleichen. "Dann heißt es Kulturaustausch", sagt Sentop.

© SZ.de/dpa/dayk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: