Goslar:Lange Arbeitszeit, zu viel Bürokratie: Lehrer unzufrieden

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Vor seiner Reise nach Goslar sei er gefragt worden, ob ihn dort wohl die "Höhle des Löwen" erwarte, sagt Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Doch...

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Goslar (dpa/lni) – Vor seiner Reise nach Goslar sei er gefragt worden, ob ihn dort wohl die „Höhle des Löwen“ erwarte, sagt Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Doch den gut 300 Delegierten des Philologenverbands, vor denen der SPD-Politiker am Mittwoch ein Grußwort hält, ist offensichtlich nicht nach Brüllen zumute. Hin und wieder matter Beifall – mehr folgt nicht auf die Worte des Ministers.

Anders reagieren die Vertreter des Gymnasiallehrerverbands auf die Rede ihres Vorsitzenden Horst Audritz. Mit Applaus und am Ende sogar rhythmischem Klatschen bekunden sie Zustimmung, als er dem Kultusminister unter die Nase reibt, wie unzufrieden die Lehrkräfte mit ihrer derzeitigen Arbeitssituation sind.

Den Philologenverband mit seinen gut 8000 Mitgliedern stört vor allem die Arbeitszeit von wöchentlich bis zu 55 Stunden. „Der Einsatz überschreitet oft die gesundheitlich bedenkliche Höchstgrenze“, beklagt der Vorsitzende. Lehrkräfte seien aus Zeit- und Termindruck zu Spät- und Wochenendarbeit gezwungen. „Es fehlt die Regeneration in den Abendstunden und an den Wochenenden“, moniert Audritz. Zudem machten es „überbordende bürokratische Aufgaben“ den Lehrkräften immer schwerer, „genügend Zeit für die Vorbereitung guten Unterrichts“ aufzubringen.

Auch die äußeren Bedingungen stimmten nicht, bemängelt der Verbands-Chef. „Eigene Schreibtische, Aufbewahrungsmöglichkeiten für das Unterrichtsmaterial, Gruppenräume für das Lehrpersonal und Pausenräume, die den Namen verdienen, sucht man vergebens.“ An die Kommunen als Schulträger appelliert Audritz: „Lassen Sie Ihre Schulen nicht verkommen. Beseitigen Sie den Investitionsstau und statten sie alle Schulen gleichermaßen gut aus.“

Der Kultusminister zeigt Verständnis und spricht den Lehrkräften „Dank für ihre Arbeit und das Engagement in den Schulen“ aus. Ansonsten hat Tonne wenig Konkretes mit nach Goslar gebracht. Immerhin: Die Verpflichtung zur Archivierung von Klassenarbeiten solle aufgehoben werden. Weitere Vorschläge zur Entlastung der Lehrkräfte von unterrichtsfernen Aufgaben würden ebenso geprüft wie eine zeitliche Entlastung der schulfachlichen Koordinatoren.

Das Ganze sei ein „Spagat zwischen den Anforderungen der Unterrichtsversorgung, der Anzahl der vorhandenen Lehrkräfte“ und der „notwendigen schnellen Entlastung“, sagt Tonne. In jedem Fall, so kündigt er an, sollten im kommenden Jahr in Niedersachsen ebenso wie 2018 und 2019 mehr Lehrkräfte neu eingestellt werden als sich in den Ruhestand verabschieden.

Zu den Forderungen des Philologenverbands nach einer geringeren Unterrichtsverpflichtung für alle Gymnasial-Lehrkräfte, bessere Beförderungschancen und Weihnachtsgeld sagt Tonne nichts. Auch auf ein weiteres Anliegen des Vorsitzenden geht er nicht ein.

Audritz lehnt nämlich die Demonstrationen der Fridays-for-Future-Bewegung während der Unterrichtszeit ab, weil das gegen die Schulpflicht verstoße. Als Politiklehrer freue er sich zwar über das Engagement und den Willen der Schülerinnen und Schüler, „Mitverantwortung für ein demokratisches Gemeinwesen und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu übernehmen“, sagt Audritz. Sie dürften sich allerdings keine Sonderrechte herausnehmen und einen Schultag auf Dauer zum schulfreien Tag erklären. Denn: „Auch gute Ziele rechtfertigen keine Rechtsbrüche.“

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