Politik:SPD sieht Bildungsnotstand: Forderungen für Schulkonsens

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Die SPD in Nordrhein-Westfalen sieht das Land in einem Bildungsnotstand mit auch weiterhin fehlender Chancengleichheit. In dieser desolaten Lage müsse es kurzfristige Verabredungen „für die großen Linien“ geben, die in einem neuen Schulkonsens festgelegt werden sollten, forderte die oppositionelle SPD-Landtagsfraktion am Donnerstag in Düsseldorf. Der vor zwölf Jahren zwischen SPD, Grünen und CDU ausgehandelte Schulkonsens, der Ruhe ins Schulsystem bringen sollte, laufe aus. Die schwarz-grüne Regierung müsse sich „pro-aktiv“ zeigen, wenn sie eine Verlängerung anstrebe. Die SPD stehe unter bestimmten Voraussetzungen für Gespräche bereit, sagte der stellvertretende Fraktionschef Jochen Ott.

So brauche es zwingend eine Verankerung von Familienzentren in allen Grundschulen bis 2027, um Hilfestellungen wie Therapien und Beratungen zu bündeln. Gleichzeitig würden damit Lehrkräfte entlastet, die sich dann auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren könnten. Für eine effektivere Personaloffensive verlangte der SPD-Politiker die Schaffung neuer Studienplätze und ein umfassendes Konzept für die Lehrer-Besoldung.

In einem künftigen Schulkonsens muss der Fraktion zufolge zudem eine Neujustierung der Finanzierung festgeschrieben werden. Zwischen Bund, Land und Kommunen seien zur Finanzierung von Ganztag, Inklusion, digitaler Infrastruktur, Schulbau und Sozialarbeit neue zeitgemäße Absprachen erforderlich. Aktuell wisse im Bildungsbereich niemand mehr, wer was finanziere, meinte Ott.

Auch die Schulstrukturen gehörten auf den Prüfstand, eine „verantwortungsvolle Neustrukturierung“ sei anzugehen, hieß es in einem SPD-Positionspapier. Ott beklagte, dass es inzwischen in NRW eine Vielzahl von unterschiedlichen Schulformen gebe - von 39 Systemen war die Rede. Allerdings: Für eine generelle Strukturdebatte ist es aus SPD-Sicht aktuell nicht der richtige Zeitpunkt - angesichts der akuten Aufgaben.

Es gebe so viele Abiture mit der Note eins wie nie zuvor, zugleich aber viele Schüler ohne Abschluss. Schulleitungen berichteten, dass rund 50 Prozent der Schülerschaft gestresst seien. Viele Kinder und Jugendliche hätten psychische Probleme, es gebe Gewalt und Vandalismus in erheblichem Ausmaß, schilderte Ott. Zugleich förderten immer neue Studien eklatante Leistungsdefizite zutage. Das stelle insgesamt die Schulentwicklung in Frage, man müsse auch „Druck rausnehmen“ für Schülerinnen und Schüler.

Die regierungstragenden Fraktionen von CDU und Grünen reagierten mit Unverständnis auf die Forderungen. „Der Schulkonsens hat damals richtigerweise einen Schlussstrich unter ideologische Grabenkämpfe zwischen Schulformen gezogen. Die CDU hat mit den Grünen vereinbart, genau in dieser Richtung gemeinsam weiter Bildungspolitik zu machen“, sagte Jan Heinisch von der CDU der „Rheinischen Post“ (Print Freitag). Auch ohne neue Vereinbarungen herrsche „Schulfrieden“. „Dass die SPD nun davon abrücken, also wieder in eine Art „Schulkrieg“ ziehen will, ist ihre Entscheidung.“

Auch die Grünen kritisierten die SPD. „Die SPD versucht den Eindruck zu erwecken, wir seien untätig. Das Gegenteil ist der Fall. So wird zum Beispiel bereits der Aktionsplan Inklusion mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte erarbeitet“, sagte die bildungspolitische Sprecherin Lena Zingsheim-Zobel der „Rheinischen Post“.

© dpa-infocom, dpa:230223-99-708484/3

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