Berlin:Dramatischer Lehrermangel an Berliner Schulen

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Berlin (dpa/bb) - Der Lehrermangel an Berliner Schulen nimmt immer dramatischere Züge an: Zum neuen Schuljahr könnten so viele Stellen unbesetzt bleiben wie noch nie. Aktuell sind von 3000 freien Lehrerstellen erst 1750 besetzt, wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Montag mitteilte. Es fehlen noch 1250 Lehrer.

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Berlin (dpa/bb) - Der Lehrermangel an Berliner Schulen nimmt immer dramatischere Züge an: Zum neuen Schuljahr könnten so viele Stellen unbesetzt bleiben wie noch nie. Aktuell sind von 3000 freien Lehrerstellen erst 1750 besetzt, wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Montag mitteilte. Es fehlen noch 1250 Lehrer.

„Wir werden im Sommer ein Gap haben“, sagte Scheeres. Wie groß die Lücke (englisch: Gap) zu Schuljahresbeginn schließlich sein wird, ist offen. Da zu wenige Lehramtsstudenten von den Hochschulen kommen und eine Aufstockung der Ausbildungskapazitäten erst in zwei Jahren oder später wirkt, setzt das Land stark auf Quereinsteiger.

Für sogenannte Mangelfächer wurden laut Scheeres unter 2000 Bewerbern 1000 Quereinsteiger zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Die Verfahren laufen noch, etwa 80 Prozent der Eingeladenen kamen auch wirklich zum Termin. Als Mangelfächer gelten Musik, Sport, naturwissenschaftliche und sonderpädagogische Fächer sowie an Grundschulen Deutsch und Englisch. Zudem wollen 160 Lehrer, die eigentlich in Pension gegen könnten, weiterarbeiten.

„Der Unterricht ist nicht gefährdet“, betonte Scheeres mit Blick auf die sogenannte Stundentafel, die eingehalten werde. Das gelte auch, wenn am Ende nicht alle freien Stellen besetzt werden könnten. „Wir haben viele zusätzliche Ressourcen“, sagte sie. So seien Angebote für zusätzliche Sprachförderung, Integration, Inklusion oder Berufsorientierung an den Schulen in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut worden. Dort gebe es rund 4000 Vollzeitstellen.

Gleichwohl verwies die Senatorin auf diverse Projekte und Programme des Landes, um die Lehrer-Lücke möglichst überschaubar zu halten oder zu schließen. Sie zielen neben Lehrern kurz vor der Pension etwa auf Studenten in lehramtsbezogenen Masterstudiengängen ab, denen unter dem Motto „Unterrichten statt Kellnern“ Halbjahres- oder Jahresverträge an Schulen geboten werden. Zudem ist ein Stipendium für Studenten geplant, die keinen lehramtsbezogenen Bachelor haben und in den sogenannten Quereinstiegsmaster wechseln wollen.

Ebenfalls neu: Schulen sollen ab dem neuen Schuljahr die Möglichkeit bekommen, Sprachlernassistenten für die Sprachförderung einzustellen. Dafür können Lehrerstellen umgewidmet werden. Voraussetzung ist ein Bachelorabschluss und nicht wie bei Lehrern ein Masterabschluss.

Geprüft wird in der Bildungsverwaltung auch, abgeordnete Lehrer an Hochschulen, Museen oder Projekten zurück an die Schulen zu holen. Zumindest von den Hoch- und Europaschulen soll es laut Scheeres im neuen Schuljahr zunächst aber keine Rückrufe geben. In der Kultusministerkonferenz will Berlin diskutieren, künftig auch Ein- Fach-Lehrer für das Lehramt zuzulassen. Bisher müssen Lehrer zwei Fächer unterrichten.

Der Fachkräftemangel bei Lehrern sei bundesweit ein Problem, sagte Scheeres. Berlin stehe in Konkurrenz mit den anderen Ländern. Wünschenswert wäre aus ihrer Sicht abgestimmtes Vorgehen, etwa eine gemeinsame Werbekampagne. Aber daran habe nicht jedes Land Interesse.

Die AfD-Fraktion sprach im Hinblick auf die Situation in Berlin von einer „hausgemachten Misere“. „Die wachsende Schülerzahl war lange absehbar. Doch wieder einmal wird erst reagiert, wenn der Notstand eingetreten ist“, kritisierte der AfD-Bildungspolitiker Franz Kerker. „Wenn Berlin im Herbst nicht alle Lehrerstellen besetzen kann, ist der Rücktritt von Senatorin Scheeres fällig.“

Der FDP-Bildungsexperte Paul Fresdorf sagte: „Wir steuern in Berlin auf eine bildungspolitische Katastrophe hin. Es muss schnell und entschieden gehandelt werden, sonst ist diese Abwärtsspirale nicht mehr aufzuhalten.“ Der Lehrerberuf müsse attraktiver gemacht werden. Aktuell gibt es in Berlin rund 30 000 Vollzeit-Lehrerstellen.

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