Schule:Wann machen sich Schüler strafbar?

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Wann sich Schüler vor Gericht verantworten müssen. (Foto: Illustration Jessy Asmus für SZ.de)

Lehrer auf Facebook beleidigen, Schule schwänzen, die Unterschrift der Eltern fälschen: Diese rechtlichen Konsequenzen können Schülern drohen.

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfragen

Das Mädchen hatte ein Bild ihres Lehrers bei Facebook gepostet - versehen mit einem verunglimpfenden Kommentar. Der Lehrer stellte Strafantrag wegen Beleidigung. Und das Amtsgericht Düsseldorf verurteilte die 14-Jährige zu 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Nachdem wir über den Fall berichtet hatten, haben Sie, liebe Leser, uns viele Mails geschickt. Die grundsätzliche Frage lautete: Wann können Schüler juristisch belangt werden? Wir haben die am häufigsten genannten Situationen zusammengetragen und mit Rechtsanwältin und Schulrechtsexpertin Daria Madejska besprochen.

Die Antworten

1. Beleidigung von Lehrkräften - digital und analog

Wie bei allen weiteren Punkten auch, bewegen Schüler sich hier immer zwischen zwei Arten von Gesetzgebung: Schulrecht und Strafrecht. Beleidigt ein Schüler eine Lehrkraft, kann die Schule fast immer Konsequenzen ziehen in Form von Erziehungs- oder Ordnungsmaßnahmen. Das kann vom Elterngespräch bis zum Verweis gehen und hängt auch davon ab, wie die betroffene Lehrkraft die Beleidigung bewertet.

Prinzipiell gilt aber: Aus juristischer Sicht ist eine Beleidigung eine Straftat. Stellt der Beleidigte Strafantrag, kann die Beleidigung bewiesen werden und ist der Beleidigende strafmündig, kann er auch verurteilt werden. Anwältin Daria Madejska hält das Urteil im oben beschriebenen Prozess deshalb für nachvollziehbar.

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Von Bedeutung ist dabei, ob die Beleidigung in einem sozialen Netzwerk passiert oder persönlich. "Beim Strafmaß kann die sogenannte Publizität der Beleidigung relevant sein", sagt Madejska, "also wie viele Menschen etwas davon mitbekommen haben. Sie ist bei einem Post bei Facebook natürlich deutlich größer als im Klassenzimmer." Heißt: Je mehr Menschen die Beleidigung mitbekommen, desto schmerzhafter für das Opfer und desto höher die Strafe.

In einer Zeit, in der es nur ein paar Sekunden dauert, ein Foto aufzunehmen und hochzuladen, ist für Schüler auch wichtig: Alle Menschen haben ein Recht am eigenen Bild. "Jeder Schüler, der von einer Lehrkraft ein Foto macht und das ins Internet stellt, begibt sich rechtlich zumindest auf dünnes Eis. Ich würde Schülern raten: Lasst das besser sein!", sagt die Anwältin.

Körperverletzung ist immer strafbar, egal ob sie in der Schule passiert oder sonstwo. "Schüler sollten bedenken, dass schon die Andeutung, zum Beispiel wenn man aus unmittelbarer Entfernung mit einer Flasche nur zum Schlag gegenüber dem Lehrer ausholt, ihn jedoch nicht ausführt, als versuchte Körperverletzung gewertet werden kann", sagt Schulrechtsexpertin Madejska.

Unabhängig davon, ob der Lehrer Strafantrag stellt, wird die Schule in den meisten Fällen von körperlicher Gewalt sowieso als Ordnungsmaßnahme mindestens einen vorübergehenden Schulverweis aussprechen. Die schlimmste mögliche Ordnungsmaßnahme wäre der Ausschluss eines Schülers von allen Schulen im gesamten Bundesland.

Zu beachten bei allen rechtlichen Fragen im schulischen Kontext: Strafrechtlich belangt werden können Schüler erst vom Alter von 14 Jahren an. Schulische Ordnungsmaßnahmen aber sind schon davor möglich.

Volljährige Schüler können sich selbst entschuldigen, bei ihnen wird das Problem eher selten auftreten. Falls sie dennoch trotz einer eventuellen Attestpflicht oder ähnlicher Maßnahmen weiterhin regelmäßig unentschuldigt fehlen, werden sie irgendwann der Schule verwiesen. Jener Schule, die sie vorher ohnehin nicht besuchen wollten.

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Interessanter liegt der Fall bei minderjährigen Schülern, sagt Rechtsanwältin Madejska. "Wenn ihre Erziehungsberechtigten nicht dafür sorgen, dass die Schulpflicht eingehalten wird, droht eine Geldstrafe, die bis zu 1000 Euro hoch sein kann." Bei Wiederholungstätern kann die Strafe mehrere Tausend Euro betragen. Zahlen Erziehungsberechtigte nicht, können sie unter Umständen in Beugehaft genommen werden.

Fälscht ein Schüler die Unterschrift des Vaters auf einem Dokument und wird erwischt, muss er laut Daria Madejska auf jeden Fall mit schulischen Erziehungsmaßnahmen rechnen. Mit strafrechtlichen Konsequenzen aber kaum. "Dass die Schule das anzeigt, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Die Schule kann jedoch mit schulrechtlichen Ordnungsmaßnahmen eingreifen."

Kritisch wird es, wenn ärztliche Atteste oder gar ganze Schulzeugnisse gefälscht werden. Juristen sprechen in solchen Fällen von Urkundenfälschung. "Wer jedoch zum Beispiel ein Abiturzeugnis fälscht und auffliegt, muss nicht nur mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, sondern verliert auch die Zulassung zum Studium. Das kann denjenigen ein Leben lang verfolgen", sagt Madejska. Sie erzählt vom Fall eines Arztes, der sein Abiturzeugnis gefälscht hatte, um zum Medizinstudium zugelassen zu werden. Das Studium absolvierte er erfolgreich und begann, als Arzt zu praktizieren. Nach einigen Jahren kam heraus, dass etwas mit seinem Abiturzeugnis nicht stimmte. Im Nachhinein wurden ihm die Zulassung fürs Staatsexamen und die Approbation entzogen.

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