Die Kultusminister der Länder haben sich ein neues Verfahren ausgedacht, nach dem die Studienplätze in Humanmedizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie künftig vergeben werden. Über Details wird noch in den Bundesländern zu beraten sein. Schon jetzt steht aber fest: Ratifizieren die Landesparlamente den Vorschlag, werden viele Kandidaten über Jahre hinweg vergebens auf einen Medizinstudienplatz gewartet und auf ein Versprechen vertraut haben: dass sie unabhängig von ihrer Abiturnote irgendwann zugelassen werden - angehende Humanmediziner zuletzt spätestens nach 15 Semestern.
Das sei zu lang, urteilte im vergangenen Jahr das Bundesverfassungsgericht, das das Zulassungsverfahren in den zentral vergebenen Studienfächern in Teilen für verfassungswidrig erklärte. Die Kultusminister haben sich nun entschlossen, die Wartezeitquote ganz zu streichen. Von der Studienplatzgarantie übrig geblieben ist in dem neuen Verfahren das Recht auf eine Chance, auch ohne sehr gutes Abitur einen Medizinstudienplatz zu bekommen. Sie wird in der "zusätzlichen Eignungsquote" gewahrt. Bei der Vergabe von einem kleinen Teil der Studienplätze kann künftig alles berücksichtigt werden, was Kandidaten für einen medizinischen Beruf qualifiziert - alles außer der Note.
Über die genauen Kriterien dürfen die Bundesländer bestimmen oder sie überlassen den Hochschulen diese Entscheidung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sie bei der Auswahl der Human- und Zahnmediziner großen Wert auf ein gutes Abschneiden in dem Studierfähigkeitstest TMS legen. Er prüft etwa, ob Teilnehmer komplexe Informationen erfassen und interpretieren können, wie viel sie sich merken können und wie gut ihr räumliches Vorstellungsvermögen ist. Auch Vorerfahrungen in einem medizinischen Beruf wie der Pflege kommen in Betracht.
Das alte Wartezeitversprechen haben die Kultusminister nicht vergessen. Ihre Lösung für die Frage der Langzeitwartenden dürfte viele dieser Bewerber dennoch frustrieren: Für eine Übergangszeit von zwei Jahren soll die Wartezeit in der Eignungsquote berücksichtigt werden. Konkret heißt das für das Sommersemester 2020 und das Wintersemester 2020/2021: Jeder Bewerber kann im Verfahren für die zusätzliche Eignungsquote maximal 100 Punkte bekommen, von denen maximal 45 durch Wartezeit zu erreichen sind. Für jedes Halbjahr gibt es drei Punkte. Die volle Punktzahl können somit nur Bewerber erzielen, die 15 Semester und mehr gewartet haben. Im darauffolgenden Jahr werden pro Semester nur noch zwei Punkte angerechnet. Das bedeutet: Besonders eng wird es für diejenigen, die jetzt sieben oder acht Semester warten.
Der Weg ist frei für die Landarztquote
Wie viele Bewerber um diese Studienplätze konkurrieren werden, ist offen - genau wie die Anzahl der dann zur Verfügung stehenden Plätze. Erstens, weil in dem neuen Verfahren vorab bis zu zwei Zehntel der Studienplätze unter anderem an Bewerber vergeben werden könnten, die sich zu einer Tätigkeit als Landarzt verpflichten. Lediglich die dann verbliebenen Plätze werden über weitere Quoten verteilt: zu 30 Prozent an die Abiturbesten, zu 60 Prozent an die Besten der hochschuleigenen Verfahren, in denen Abinoten ebenfalls eine Rolle spielen, und zu zehn Prozent eben an all diejenigen, die dabei nicht zum Zug kommen. Zweitens ist unklar, wie viele zu Letzteren zählen könnten.
Zum aktuellen Wintersemester konnten 9232 Menschen bundesweit das Studium aufnehmen. Bei den 40 000 Bewerbern dürfte es sich jedoch nicht um alle Studienwilligen handeln: Wer keinen Einserabschluss und eine Wartezeit von weniger als 13 Semestern hatte, wusste um seine Chancenlosigkeit. Das ist künftig anders. Die Zusatzquote wird für sie alle zum Schlupfloch ins Medizinstudium. Wird die Anzahl der Plätze nicht erhöht, passen nur ein paar Hundert hindurch. Wer auf einen der wenigen Studienplätze zum Sommersemester 2020 spekuliert, sollten sich jetzt zum Studierfähigkeitstest anmelden. Die Frist endet Mitte Januar 2019.