Kita-Streiks:Ruhigstellung für die Alten - kaum Verbesserungen für die Jungen

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Wer profitiert eigentlich von der Schlichtung im Kita-Streik? (Foto: dpa)

Der Kita-Streit ist befriedet, was wohl das Ende für einen der drei großen Arbeitskämpfe des Jahres bedeutet. Doch zu welchem Preis? Der Schlichterspruch ist schwach; eine Perspektive für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst fehlt nach wie vor.

Ein Kommentar von Detlef Esslinger

Postkunden brauchen weiterhin Geduld. Bahnfahrer dürfen bis Donnerstag hoffen, dass die Streiks überstanden sind. Aber Eltern, deren Kinder tagsüber in der Kita sind, dürfen jetzt unterstellen: Es ist geschafft. Der Tarifkonflikt im Sozial- und Erziehungsdienst scheint gelöst zu sein. Die von den Kommunen und den Gewerkschaften berufenen Schlichter haben sich auf einen gemeinsamen Spruch geeinigt, beide Seiten haben Zustimmung signalisiert. Einer der drei großen Arbeitskämpfe dieses Jahres ist damit zu Ende. Das ist die gute Nachricht.

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Der Tarifkonflikt im Sozial- und Erziehungsdienst scheint gelöst zu sein, die Schlichter haben sich geeinigt. Doch letztlich profitieren ältere Erzieher und Kinderpfleger mehr als jüngere. "Am Ende bekommt immer der am meisten, der am lautesten schreit", kommentiert unser Autor Detlef Esslinger das Ergebnis.

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Verdi, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie der Beamtenbund hatten in dieser Auseinandersetzung lange Zeit die Öffentlichkeit hinter sich. Geschickt hatten sie dafür geworben, dass die Arbeit mit Menschen endlich die Anerkennung bekommen muss, die die Arbeit mit Maschinen in diesem Land schon immer hatte. Viele Erzieherinnen verdienen nach fünfjähriger Ausbildung weniger als jemand, der in der Metallindustrie für eine Arbeit am Fließband nur angelernt werden muss. Die Gewerkschaften wiesen auch darauf hin, wie die Arbeit in den Kitas sich verändert hat: Behinderte Kinder sollen mittlerweile integriert werden, Kinder von Migranten dort erste Erfahrungen mit dem Deutschen machen, und Frühförderung wird heutzutage sowieso viel stärker verlangt als einst. Und immer wieder machte Verdi deutlich, dass es für den Nachwuchsmangel im Sozial- und Erziehungsdienst vor allem einen Grund gibt: die zu niedrige Bezahlung. Der Tarifvertrag, auf den die Gewerkschaften nun zusteuern, ist gemessen daran ein Witz.

Der Konflikt ist wohl zu Ende. Gesiegt haben nicht die Jüngeren

Man muss sich nur mal anschauen, was das Ergebnis der Schlichtung ist. Bei den Kinderpflegern: Die Jüngsten bekommen 61 Euro mehr, die Ältesten jedoch 110 Euro. Bei den Erzieherinnen: 55 Euro mehr für die Jüngsten, doch 161 Euro mehr für die Ältesten. Ach je. Auch bei Tarifkonflikten gibt es offensichtlich einen Unterschied zwischen den Argumenten, mit denen die Öffentlichkeit gewonnen werden soll - und jenen, die am Ende wirklich zählen. Wäre tatsächlich die leichtere Rekrutierung von Nachwuchs das Kernanliegen von Verdi und Co., hätten die Gewerkschaften besonders auf Verbesserungen für die Jüngeren bestanden. Wäre es ihnen um die Qualifizierung des Personals für neue Aufgaben gegangen, hätten sie eine Verknüpfung von höherer Bezahlung und Teilnahme an Fortbildung angestrebt.

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Stattdessen stellt es die GEW sogar ausdrücklich als Erfolg dar, dass diese Verknüpfung verhindert wurde.

So endet dieser Konflikt mit einer Ruhigstellung: nämlich derjenigen älteren Aktivisten, die das Gros der Mitglieder, also auch der Streikenden stellen. Für sie sind große Teile dieses Schlichterspruchs vor allem gedacht, und für sie ist er perfekt. Aber wer geglaubt hat, die Gewerkschaften wollten mithilfe eines Tarifvertrags der Gesellschaft ein anderes Gefühl für Prioritäten vermitteln - der dürfte spätestens jetzt kapieren: Am Ende bekommt immer der am meisten, der am lautesten schreit.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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