Gutachten:Uni Köln entschuldigt sich für Anatomie-Skandal

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Vergessene und falsch gelagerte Leichen im anatomischen Institut der Uni Köln haben für einen Skandal gesorgt. In einem Gutachten zu den Fällen ist von Chaos die Rede - niemand fühlte sich offenbar für die Körperspender zuständig.

Im Skandal um den Umgang mit Leichen in der Anatomie der Uni Köln hat die Hochschule einen Abschlussbericht vorgelegt und sich bei Angehörigen von Körperspendern entschuldigt. Uni-Rektor Axel Freimuth räumte in dem am Donnerstag veröffentlichten Prüfbericht "nicht hinnehmbare Missstände im Umgang mit Körperspenden" ein.

Leichen und Leichenteile seien zu lange und unsachgemäß gelagert worden, auch sei eine große Anzahl Särge nicht bestattet worden. Die Uni bedauere "diese Vorgänge und Missstände zutiefst", betonte Freimuth. Der Kölner Anatomie-Skandal war Ende 2011 bekannt geworden. Die Hochschule hatte daraufhin eine Untersuchung beim früheren Direktor des Anatomischen Instituts der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Reinhard Putz, in Auftrag gegeben.

Dem Prüfbericht zufolge wurden in einem Raum des anatomischen Instituts 32 Särge mit auspräparierten Leichen aus den Jahren 2004 bis 2010 gefunden, auf dem Flur vor dem Institutsraum weitere 36 Särge mit Leichen aus den Jahren 2009 und 2010. Die Särge auf dem Flur hatten demnach "sichtbar und zugänglich über ein Jahr dort gestanden". In einem weiteren Raum standen drei mit Nummern von Leichen beschriftete Särge, die nach Aktenlage bereits bestattet waren. Insgesamt zehn Särge enthielten darüber hinaus Leichenteile von jeweils mindestens zwei Verstorbenen.

"Nicht hinnehmbarer Zustand"

In den Kühltanks eines anderen Raums wurden dem Bericht zufolge 61 Leichen und weitere Leichenteile gefunden, die in Plastikfolie verpackt waren. Diese Leichen wurden demnach ohne Tiefkühlung gelagert. Der Prüfbericht kommt zu dem Schluss, dass es im anatomischen Zentrum der Uni einen "nicht hinnehmbaren Zustand der Organisation des Körperspendewesens" gegeben habe.

Die Gesamtverantwortung für diesen Bereich lag dem Gutachten zufolge bei dem früheren Institutsleiter Jürgen K., der sich im vergangenen Februar das Leben genommen hatte. Zwar sei K. nicht persönlich für einzelne Missstände verantwortlich zu machen, heißt es in dem Gutachten. Doch treffe ihn "als Leiter der für das Körperspendewesen zuständigen Untereinrichtung die Verpflichtung, deren Betrieb ordnungsgemäß zu führen und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen zu gewährleisten".

Umzug der Anatomie

Dem Bericht zufolge kam jedoch auch die Universität Köln in der Vergangenheit ihrer Verantwortung nicht nach, einen "hochsensiblen Bereich wie das Zentrum Anatomie in angemessener Weise in Qualitätssicherungsprozesse einzubinden".

Laut Universität wurden inzwischen alle Toten bestattet, die Aufräumarbeiten in der Anatomie sind demnach abgeschlossen. Technisch unzureichende Infrastrukturen seien außer Betrieb genommen, die Abläufe im Körperspendewesen komplett neu organisiert worden. Außerdem sei ein Umzug des Zentrums für Anatomie in einen Neubau geplant, was zu einer "grundlegenden Verbesserung der Arbeitssituation" führen werde.

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