Eltern schauen ihren Kindern nur ungern dabei zu, wenn sie den Ranzen für den nächsten Schultag packen. Ein ganzer Berg von Büchern, der irgendwie in den Rucksack gestopft werden soll - ist das nicht etwas viel für einen zarten Kinderrücken? Und nicht nur überängstliche Eltern fragen sich, wieso ihre Kinder überhaupt noch so viel schleppen müssen, wenn es doch sonst schon fast alle Bücher und Nachschlagewerke digital gibt. Nur in den Schulen nicht. Da, wo man die Bücher täglich braucht. Wo also bleiben die digitalen Schulbücher?
Gibt es sie schon? Oder doch nicht?
Ein Problem ist da sicherlich, dass einige sagen, es gibt sie schon, und andere das Gegenteil behaupten. Dass es digitale Schulbücher schon gebe, das sehen die großen Schulbuchverlage so. Tatsächlich bieten viele seit einigen Jahren an, dass beim Kauf des gedruckten Buches auch eine PDF-Version desselben genutzt werden kann. Manchmal beinhaltet sie zusätzlich interaktive Übungen. Außerdem gibt es Plattformen wie "Scook", auf denen diverse Verlage digitales Lernmaterial anbieten.
Nur genutzt werden die Angebote kaum, sagen die Verlage. Nur wenige Schulen haben zudem ein eigenes Wlan-Netz, noch weniger Schulen besitzen Laptops oder Tablets für alle Schüler. Auch an noch banaleren Dingen wie genügend Steckdosen in den Klassenzimmern mangelt es. Viele Schulen sind derzeit also rein technisch gar nicht in der Lage, aufwendige digitale Angebote anzunehmen. Das hat zuletzt auch die Pisa-Studie bestätigt: In Sachen Computerausstattung liegt Deutschland unter 34 OECD-Ländern an 28. Stelle - auf einer Höhe mit Rumänien, Chile und Israel. Während sich an deutschen Schulen vier Neuntklässler einen Rechner teilen müssen, gibt es in Großbritannien, Norwegen und Estland für fast jeden Jugendlichen einen Computer.
Ein gutes digitales Schulbuch muss mehr sein als ein PDF-Format
Dass es vor allem eine Definitionsfrage ist, was mit einem digitalen Schulbuch gemeint ist, merkt man, wenn man mit Medienpädagogen und Lehrern spricht. Viele sagen dann, es gebe noch keine digitalen Schulbücher - zumindest keine guten. Denn die müssten mehr sein als bloße Schulbücher im PDF-Format.
Auch Lernpsychologen wie Frank Fischer von der Ludwig-Maximilians-Universität in München halten diese für wenig sinnvoll: Es sei schließlich erwiesen, dass digitale Medien nur dann das Lernen und den Unterricht verbesserten, wenn mit ihnen ein Mehrwert erzielt wird; wenn sie mehr leisten als das klassische Schulbuch. Und genau das ist ja das eigentliche Ziel des Einsatzes digitaler Medien an Schulen: die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Dass Schüler nicht mehr schleppen müssten, ist nur ein angenehmer Nebeneffekt.